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Meinung: „Hass belebt mich“

Für ihre Sendung mit Osama bin Laden und Saddam Hussein sollte Sabine Christiansen unbedingt Christopher Hitchens einladen. In Deutschland gibt es schließlich kaum einen, der beiden ähnlich viel zu sagen hätte.

Für ihre Sendung mit Osama bin Laden und Saddam Hussein sollte Sabine Christiansen unbedingt Christopher Hitchens einladen. In Deutschland gibt es schließlich kaum einen, der beiden ähnlich viel zu sagen hätte. Und er würde, nachdem er eine Schachtel Rothmans leer geraucht hat, die beiden vermutlich vor laufender Kamera eigenhändig umbringen.

Hitchens tritt aber auch gerne alleine auf, so kühn und herablassend, wie es sein Oxforder Akzent hergibt. Derzeit tut er es als eindrucksvollster Verteidiger des Irakkriegs, den die Welt zu bieten hat. Der britische Journalist nimmt dabei für sich in Anspruch, ein Linker zu sein, und das wirkt auf ein deutsches Publikum verwirrend. Doch dass man als ehemaliger Trotzkist auf Seiten der humanitären Linken landen und zum Renegaten werden kann, konnte man auch an deutschen Beispielen beobachten. Nur traut sich von denen kaum einer zu sagen, was Hitchens sagt: Dass man den Irak den Islamofaschisten entreißen müsse, und je mehr man dabei von ihnen tötet, umso besser. Ob der Krieg nicht die gesamte Region destabilisiert habe, wird er bei der Veranstaltung des Aspen-Instituts in einer Kreuzberger Kneipe in Berlin gefragt. Darum gehe es doch, antwortet Hitchens, seit wann könne man sich als Linker über einen Status quo freuen, wenn der so aussieht wie unter Saddam.

„The Hitch“, 1949 geboren, wäre Schriftsteller geworden, wenn er nicht beim „New Statesman“ auf Martin Amis, Julian Barnes und Ian McEwan gestoßen wäre. „Mit diesen Typen rumzuhängen, und später mit Salman, hat mir gezeigt, was man als Schriftsteller braucht und dass ich es nicht habe.“ Er blieb Journalist, und spätestens mit der Fatwa, der Todesdrohung gegen seinen Freund Salman Rushdie, hatte er auch sein Thema gefunden: die moralische Verlogenheit des Westens.

Heute lebt der 56-jährige Hitchens in Washington und schreibt nach Stationen bei „The Nation“ und „Harper’s“ für „Vanity Fair“ über Henry Kissinger, den Kriegsverbrecher, Bill Clinton, den Vergewaltiger und über „Love, Poverty and War“, wie sein neuester Essayband heißt. Hitchens ist ein Gegenspieler und Polemiker, ein Kultjournalist, der auf alles eine Antwort hat, häufig ist sie gut, mindestens ist sie kraftvoll. Koestler, Trilling und Orwell sind seine Vorbilder, nicht, weil sie politisierte Autoren waren, sondern weil sie sich als „Verteidiger eines größeren, umfangreicheren Humanismus sahen“.

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