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Meinung: Haste mal Personal!?

„Haste mal ’nen Arzt?“ Hunderte Stellen im Gesundheitsdienst sind unbesetzt, vom 12.

„Haste mal ’nen Arzt?“ Hunderte Stellen im Gesundheitsdienst sind unbesetzt, vom 12. Juni

Die Situation in den Bezirken (und wohl auch in Einrichtungen des Senats) ist noch deutlich schlechter als im Artikel dargestellt:

Es fehlen nicht nur (Fach-)Ärzte oder Psychologen, es fehlt auch überall an Personal, das die

Arbeit der jeweiligen Einrichtung mitträgt. Menschen, die schreiben, Telefonate annehmen

und auch weitgehend selbständig beantworten, Termine verabreden ... Es gibt eine Vielzahl

Aufgaben, die für den geordneten Ablauf

notwendig sind.

Arzthelfer/-innen, Sozialarbeiter/-innen gehören selbstverständlich dazu und fehlen überall. Kein Arzt kann einen Sozialarbeiter ersetzen, er kann sich nicht auch noch dieses Fachwissen zusätzlich aneignen und ständig aktualisieren. Und dass Arzthelfer/-innen gebraucht werden, ist unbestritten. Das Fachwissen und die Kontakte dieser Gruppen sind unerlässlich.

Die ganze Misere zeigt, dass der pauschale Stellenabbau, besonders zulasten der Bezirke, keine Probleme löst, sondern welche schafft.

Oft bleiben nach Stellenstreichungen die Häuptlinge übrig und die Indianer sind weg.

Georg von Boroviczeny,

Berliner Gesundheitspolitischer Sprecher

der Piratenfraktion Steglitz-Zehlendorf

Einschulungsuntersuchungen, Schutzmaßnahmen beim Ausbruch von Infektionskrankheiten, Hygienekontrollen in Krankenhäusern: die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) sind vielfältig und für die gesamte Bevölkerung von Bedeutung. Herr von Boroviczeny hat an dieser Stelle recht: Zu einem funktionstüchtigen öffentlichen Gesundheitsdienst gehört selbstverständlich eine entsprechende Personalausstattung. Derzeit sind rund 300 von 1683 Stellen in den Berliner Gesundheitsämtern nicht besetzt. Trotz dieser hohen Zahl sind sie für einen möglichen gesundheitlichen Krisenfall gewappnet, da in einer akut auftretenden Krise diese immer Vorrang hat und mit vereinten Kräften gut zu bewältigen ist. Der jüngste Fall mit Noroviren im Schul- und Kitaessen hat das bewiesen. Schwierigkeiten bringt der Personalengpass vor allem in der regulären Arbeit mit sich. Wenn es beispielsweise um den verstärkten Zulauf von Menschen ohne Versicherungsschutz aus den EU-Ländern geht, sind diese Aufgaben – für die nicht nur Ärzte, sondern beispielsweise auch Sozialarbeiter(innen) eine wichtige Arbeit leisten – mit einer zu dünnen Personaldecke nicht mehr vollumfänglich zu leisten. Alle Berufsgruppen tragen hier zu einem reibungslosen Ablauf bei. Bei Nichtbesetzung dieser Stellen verbleiben schmerzliche Lücken. Trotzdem ist das Hauptproblem immer noch der Mangel an (Fach-)Ärztinnen und Ärzten. Ein Grund dafür ist sicher das Gefälle zwischen den Gehältern im Gesundheitswesen und denen im öffentlichen Dienst. Immerhin ist es uns nach Absprache mit der Senatsfinanzverwaltung gelungen, sowohl bei Neueinstellungen als auch bei bereits bestehenden Verträgen im ÖGD höhere Erfahrungsstufen zu gewähren und somit das Einkommensniveau anzuheben. Verantwortlich für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben durch die Gesundheitsämter sind letztendlich die Bezirke. In ihren Globalhaushalten sind auch die Mittel für die personelle Ausstattung des ÖGD eingestellt. Die Bezirke setzen ihre Prioritäten eigenständig und agieren dabei höchst unterschiedlich. Positiv anzumerken ist, dass aufgrund der gemeinsamen Anstrengungen in diesem Jahr in allen Bezirken die Einschulungsuntersuchungen rechtzeitig abgeschlossen wurden. Aber auch das Land trägt seinen Teil dazu bei, den öffentlichen Gesundheitsdienst zukunftsfest auszugestalten. Nicht nur im Koalitionsvertrag haben sich CDU und SPD weiterhin zu den Vorgaben des „Mustergesundheitsamtes“ bekannt und erklärt, dass auch die Auswirkungen zusätzlich übertragener Aufgaben zu berücksichtigen sind. Denn in der Tat haben sich die Anforderungen im ÖGD stark verändert. Die demografischen Entwicklungen in der Altersstruktur und der Morbidität der Bevölkerung oder die neuen Anforderungen gemäß Berliner Gesetz zum Schutz und Wohle des Kindes sind nur einige Beispiele. Daher evaluiert meine Senatsverwaltung gegenwärtig die im Berliner Gesundheitsdienst vorhandenen Zentren sowie die regionalisierten Aufgaben. Der Bericht soll noch in diesem Jahr vorgestellt werden. Darüber hinaus wurde im Oktober 2012 erstmals in Berlin die Möglichkeit zur Weiterbildung als Fachärztin/Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen an der Berlin School of Public Health geschaffen. Mit der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer sprechen wir zudem über Teilzeitmodelle von niedergelassenen oder angestellten Ärztinnen und Ärzten im ÖGD. Weitere „Neue Wege im ÖGD“ werden mit allen beteiligten Akteuren fortlaufend in einer übergreifenden Arbeitsgruppe geprüft. Sowohl die Bezirke als auch das Land sind sich der wichtigen gesundheitlichen und sozialkompensatorischen Aufgaben des ÖGD bewusst. Daher setzen wir uns auch weiterhin für eine professionelle Arbeit der Gesundheitsämter ein.

Wichtig ist, dass besonders die Menschen erreicht werden, die ansonsten von der gesundheitlichen Grundversorgung und -beratung ausgeschlossen bleiben. Dies ist nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für den Gesundheitsschutz der Allgemeinheit notwendig.

— Mario Czaja, Senator für Gesundheit

und Soziales Berlin

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