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Beim Bau des Willy-Brandt-Flughafens lief seit 1998 vieles schief.

© dapd

Hauptstadtflughafen BER: Hört endlich auf, uns zu veralbern

Die Stimmung vor dem BER-Ausschuss war gut. Man unterhielt sich entspannt, es wurde gelacht. Dabei gibt es absolut gar keinen Grund für gute Laune. Im Gegenteil.

Die Szene vom Montagabend, um die es hier geht, spielte nicht etwa in einem besseren Club im Südwesten Berlins, sondern ein paar Kilometer weiter, in Potsdam, vor dem BER-Ausschuss des brandenburgischen Landtags. Die Herrschaften, die so pfleglich miteinander umgingen, hatten durchaus entgegengesetzte Interessen. Die einen, Politiker, Minister, Abgeordnete, wollten erfahren, wie es mit dem Flughafenbau in Schönefeld weitergeht und was aus dem Geld der Steuerzahler geworden ist. Die anderen, Planer, Geschäftsführer, Firmenvertreter, hatten erkennbar an allem Möglichen Interesse – nur nicht an Aufklärung.

Dass die ganze Veranstaltung für unbefangene Beobachter dann doch eher wie eine große Kumpanei wirkte als wie die Arbeit eines Untersuchungsausschusses, liegt daran, dass man sich lange und gut kennt und immer wieder trifft, nicht nur vor dem Ausschuss, sondern auch sonst irgendwo in der Hauptstadt und ihrem Umland. Unterhalb der Führungsebene spielt auch eine Rolle, dass die einen, die Ermittler, die Abgeordneten, wohl ahnen, dass sie niemals begreifen werden, was da auf dem Bauplatz im Südosten Berlins wirklich geschieht. Sie spüren in ohnmächtiger Wut, dass sie wahrscheinlich an der Nase herumgeführt werden.

Wortgirlanden von frecher Inhaltslosigkeit

Dem resignativen Gefühl auf dieser Seite steht das kaltschnäuzige Selbstbewusstsein der anderen Seite gegenüber, das, gewollt oder ungewollt, etwas Überhebliches hat. Hartmut Mehdorn, der Vorsitzende der Geschäftsführung, hatte sich entschuldigt – eine Geburtstagsfeier. Seine Finanzchefin war wegen eines Arzttermins in Zeitnot. Und Technikchef Jochen Großmann flocht in der Anhörung Wortgirlanden, die man auseinandernehmen muss, um ihre freche Inhaltslosigkeit richtig zu begreifen.

Er sagte zum Beispiel: „Die Unterlagen und Vorgaben werden nun abschnittsweise an die Firma Siemens übergeben.“ Wann die Unterlagen komplett sind, ob Siemens erst dann mit den auf 18 Monate angesetzten Umbauarbeiten an der Entrauchungs- und Belüftungsanlage beginnen kann oder schon früher – keine Auskunft. Noch hohler klingt der folgende Satz: „Wir sind in der Lage, mit den vergebenen Planungen die Abarbeitung im Planungsbereich fortzusetzen.“ Das heißt im Klartext nicht, dass abgearbeitet wird, sondern dass man dazu in der Lage wäre. Und es geht auch nur um die vergebenen Planungen – wie viele nicht vergeben sind: Fehlanzeige. Es blieb unklar, wann was umgebaut werden kann, wann was fertig wird, und ob ein Eröffungstermin des Flughafens, zumindest mit einer Jahreszahl versehen, genannt werden kann.

Das Haltungs-Problem der BER-Planer

Nein, hier wurde deutlich, dass sich keiner der Beteiligten in irgendeinem Haftungsrisiko sieht. Aus allem – nicht erst in dieser Sitzung – spricht die klassische Mir-kann-keener- Haltung. Das einzige Gremium, vor dem die Flughafengesellschaft und die BER- Planer Respekt haben, ist nicht der Aufsichtsrat, sondern der Haushaltsausschuss des Bundestags. Der blockierte am letzten Freitag zunächst einmal die Mittel für den Weiterbau, jetzt ist das Geld knapp. Heute beschäftigt er sich wieder mit dem Thema, Flughafenchef Mehdorn ist gebeten, Berlins Regierender Bürgermeister hat abgesagt. Alle kennen das Gutachten des Bundesrechnungshofs, in dem den Aufsichtsräten vorgeworfen wird, dass sie nicht entschlossen genug nachfragten, dass sie sich nicht kontinuierlich berichten ließen, kurz: dass sie ihre Aufgaben halbherzig wahrnehmen, dass sie, genau wie das entspannte Management, nicht genau hinschauen.

Für die Bürger Berlins und Brandenburgs bleibt zwei Jahre nach dem geplatzten Eröffnungstermin nur ein zorniges Gefühl: Sie wünschen sich, dass man aufhört, sie mit wachsweichen Zeitprognosen und nach Ahnungslosigkeit geradezu riechenden Zustandsbeschreibungen hinzuhalten. Hört auf, uns zu veralbern!

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