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Meinung: Heller Wahnsinn

Der Rasen ist für den Fußball da: Die Fifa blamiert sich mit der Absage der WM-Gala

Der Weltfußballverband Fifa hat vollkommen Recht: In einem Stadion, das laut Stiftung Warentest erhebliche Sicherheitsmängel aufweist, kann man unmöglich eine Riesengala für 60 000 Menschen veranstalten.

Doch das ist erstaunlicherweise nicht der Grund für die Absage: Der Fifa fällt vielmehr plötzlich auf, dass man auf einem Rasen nicht erst eine große Party feiern und kurz darauf dort ein Fußballspiel anpfeifen kann. Da beides nicht geht, entscheidet sich der Weltfußballverband nun gegen die Party. Wie verantwortungsvoll!

In Wahrheit blamiert sich die Fifa mit der Absage der Eröffnungsgala auf Kosten Deutschlands. Wer weiß schon, dass die Gala nicht in den Verantwortungsbereich des deutschen Organisationskomitees fiel? Der Imageschaden, dass ein aufwendig geplantes Element der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland nicht stattfindet, fällt auf das Gastgeberland zurück. Die deutschen Organisatoren trifft die Absage zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Noch immer ist der Streit um den Ticketverkauf nicht beigelegt, die Kritik an dem Zustand der Stadien noch nicht verhallt.

Doch von allen schlechten Nachrichten ist die Absage der Gala am leichtesten zu verkraften: Sie stellte vor allem den Versuch der Fifa dar, sich prominent zu präsentieren, über die üblichen Eröffnungs- und Abschlussfeiern hinaus. Dafür hatte sie André Heller engagiert, dafür hatte sie bereits 12 000 Freiwillige irgendwelche Choreographien einüben lassen, dafür hatte sie Brian Eno, Peter Gabriel und Jessye Norman verpflichtet. Noch im November stellte der Weltverband die Gala groß in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert, seit Wochen bewirbt sie die Veranstaltung mit großen Anzeigen.

Dass die Eröffnungsgala der reichen Fifa wirklich zu teuer geworden wäre, ist kaum zu glauben. (Und ganz billig wird die Absage auch nicht.) die Auch nicht, dass sie von Hellers künstlerischem Programm nicht überzeugt gewesen sei. Das stand schon zu lange fest. Die Gala war vielmehr auch innerhalb der Fifa von Anfang an umstritten, weil sie über die traditionelle Rolle des Verbandes während Weltmeisterschaften hinausging. Die Traditionalisten haben sich offensichtlich durchgesetzt. Der Zeitpunkt ist unglücklich, doch dass die metastasierende Fifa sich selbst beschneidet, ist ein Fortschritt.

Die Weltmeisterschaft muss nun ohne das zusätzliche Fest auskommen. Das sollte nicht schwer sein, der Ansturm auf die teuren Karten hielt sich ohnehin in Grenzen. Heller wird weiterhin das Kulturprogramm organsieren und bei den 12 000 Freiwilligen will sich die Fifa „in geeigneter Form erkenntlich zeigen“. Freikarten für das Finale darf man sich darunter wohl nicht vorstellen.

Die WM in Deutschland ist – auch durch das Galadebakel – dabei, auf ein angemessenes Maß zu schrumpfen. Das ist ein guter Weg.

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