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Hessen: Wieder vier Abweichler

Roland Koch ist zum Ministerpräsidenten gewählt – und tritt sein Amt geschwächt an. Koch ist auch im eigenen Lager längst nicht mehr so unumstritten, wie es den Anschein hatte.

Die quälenden Monate der hessischen Verhältnisse, in denen Roland Koch und seine Regierung nur geschäftsführend im Amt waren, sind Geschichte. Roland Koch ist jetzt wieder in Amt und Würden, gewählt für fünf Jahre.

Doch so hatte sich der alte und neue Ministerpräsident seine Wiederwahl heute sicher nicht vorgestellt. Von den 66 Stimmen, über die CDU und FDP im hessischen Landtag verfügen, konnte er nur 62 auf sich vereinigen. Vier Mitglieder der Koalitionsfraktionen verweigerten ihm ihre Gefolgschaft. Einmal mehr erweist sich die FDP als Kochs Retter: Wäre deren Wahlergebnis am 18. Januar nicht so üppig ausgefallen, wäre der Wahlgang am Donnerstagnachmittag für Roland Koch wohl nicht ohne Risiko geblieben.

Schon die Regierungsbildung verlief anders, als bei der hessischen CDU sonst üblich. Die FDP sicherte sich weit mehr Einfluss, als ihr nach dem Wahlergebnis zugestanden hätte. Dass die heftige Kritik der CDU-Basis an der Behandlung des ehemaligen Justiz- und Kultusministers Jürgen Banzer den Weg in die Zeitungen fand, dass die Frankfurter CDU ihre Forderung nach besserer Repräsentanz in der Regierung öffentlich machte, dass am Ende Roland Koch der CDU-Fraktion nicht einmal selbst seine Ministerliste vorstellen konnte, weil sie bereits durch Indiskretion an die Medien gelangt war – das alles ist für die hessische CDU eine neue Erfahrung. Ihre Stärke war stets die Geschlossenheit.

Roland Koch ist auch im eigenen Lager längst nicht mehr so unumstritten, wie es den Anschein hatte. Bei der Landtagswahl konnten Koch und seine CDU von der Schwäche der SPD nicht profitieren, sie gewannen nur unerheblich dazu. Bei der Kabinettsbildung konnte der Eindruck entstehen, dass Koch nicht die Richtlinien vorgab, sondern sich von FDP und den unterschiedlichen Gruppierungen seiner Partei bedrängen ließ.

Roland Koch ist für fünf Jahre gewählt, doch ob er wirklich die ganze Legislaturperiode Ministerpräsident bleiben und sich dann erneut einer Landtagswahl stellen will, darf heute mehr denn je bezweifelt werden. Die Mehrheit von CDU und FDP ist so üppig, dass im konkreten Regierungsalltag keine weiteren Irritationen zu erwarten sein dürften.

Nur die Wahl des Ministerpräsidenten in Hessen ist geheim, die übrigen Entscheidungen werden durch offenes Handaufheben getroffen. Insofern lösen die vier Abweichler von heute kein Erdbeben aus – anders als die vier Sozialdemokraten, die Andrea Ypsilanti dramatisch die Gefolgschaft verweigerten. Dennoch war das heute für Roland Koch sicher kein guter Start.

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