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Hilfe für Christen im Irak: Wer die Seele verhöhnt

Christen werden in der muslimischen Welt systematisch verfolgt, ja ausgerottet. Es ist ein Drama, vor dem all jene Europäer gern die Augen verschließen, die sich entweder säkularisiert haben oder übermäßig den Verdacht der Islamophobie fürchten.

Humanität ist selektiv. Sie belohnt Nähe und Verbundenheit, orientiert sich an Kampagnen und Medienpräsenz. Wir spenden für die Opfer des Tsunami, nicht aber für die Hungernden in Malawi. Wir unterstützen die Flutopfer im Oderbruch, nicht aber die Kriegsopfer in Somalia. Das zu beklagen, ist nobel, führt aber zu nichts. Hilfe orientiert sich nur selten allein am Maß der Bedürftigkeit oder an Zahlen. Drei Kinder sind ins Eis eingebrochen. Eine Mutter hat die Wahl, entweder ihr eigenes zu retten oder die zwei aus der Nachbarschaft. Natürlich entscheidet sie sich für ihr eigenes. Soll man sie dafür schelten, ihr Bevorzugung vorwerfen?

Wie absurd das wäre, erfährt gerade ganz praktisch der deutsche Innenminister. Wolfgang Schäuble hat angeregt, verfolgte Christen aus dem Irak aufzunehmen. Er fordert das auch von seinen europäischen Kollegen. Doch die Bedenkenträger im Inland wie in der EU mauern. Schäuble wolle Christen gegenüber Mitgliedern anderer Glaubensrichtungen bevorzugen, heißt es, außerdem spiele er den Islamisten in die Hände, die eine religiöse Trennung beabsichtigten. Das klingt zunächst triftig, ist aber nichts anderes als Herzlosigkeit unter dem Deckmantel der Gleichbehandlung. Bewusst verdrängt wird dabei, dass Christen eine besondere Verantwortung für andere Christen tragen, wie Moslems für andere Moslems und Juden für andere Juden. Wer das bezweifelt und einen neutralen Humanismus einklagt, will die seelenlose Hilfe.

Christen werden in der muslimischen Welt systematisch verfolgt, ja ausgerottet. Sie können ihre Religion nicht frei ausüben, werden mit Blasphemie-Verfahren überzogen. Ihre Kirchen werden angezündet, von Christen geführte Geschäfte geplündert. Nur etwa ein Drittel der ursprünglich 1,2 Millionen irakischen Christen lebt noch im Land, der Rest ist geflohen, nach Jordanien, nach Syrien, in andere Staaten der Region. Es ist ein Drama, vor dem all jene Europäer gern die Augen verschließen, die sich entweder säkularisiert haben oder übermäßig den Verdacht der Islamophobie fürchten (oder beides).

Vor dem Gesetz ist jeder gleich, in Notlagen nicht. In ihnen gilt auch das Gefühl der Verbundenheit etwas. Und dieses Gefühl darf durchaus als Movens in moralische Handlungen einfließen. Wer als Voraussetzung von Hilfe verlangt, sie dürfe generell niemanden ausschließen, will keine Hilfe.

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