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Meinung: Hilfe für Kongo

Ein Einsatz der Bundeswehr ist riskant, aber notwendig Von Franz H. U. Borkenhagen

Die Bundesregierung zierte sich lange bei der Frage nach dem Einsatz deutscher Soldaten in der Demokratischen Republik Kongo. Nach der UN-Anfrage war Deutschland – gemeinsam mit seinen europäischen Partnern – zunächst allenfalls bereit, ein Fact-Finding-Team ins Herz von Afrika zu schicken. Aber einen Einsatz der Bundeswehr anzuordnen, traute sich niemand.

Inzwischen setzt man in Brüssel zaghaft auf einen breiten internationalen Ansatz, dem zufolge so viele Staaten wie möglich eingeladen werden. Die Verantwortung soll auf viele Schultern geladen werden. Und das, obwohl die militärischen Erfahrungen aus den Einsätzen in den vergangenen Jahren gelehrt haben, den Anteil der multinationalen Kräfte zu begrenzen, um wirkungsfähig zu sein.

Gewiss: Ein Einsatz deutscher Soldaten im seit Jahren vom Bürgerkrieg gebeutelten Kongo ist riskant und verlangt eine nüchterne Abwägung. Die Gefährdungen stehen denen in Afghanistan in nichts nach. Sie verlangen höchste Eigensicherung, beste Logistik, eine funktionierende Exit-Strategie sowie eine gute Führung. Aber es gilt auch: Die viel beschworene Verantwortung darf nicht allein als Fürsorge für die eigenen Soldaten verstanden werden.

Erinnern wir uns. Vor Jahresfrist hieß es, Europa – und Deutschland – stünden in einer besonderen Verpflichtung gegenüber dem Kontinent, den die Europäer lange in Kolonialreiche unter sich aufgeteilt hatten. Aus dieser Verantwortung resultiere ein vorrangiges Engagement. Die Europäer konnten gar nicht rasch genug ihre Battle Groups aufbauen, um sie ab 2006 als Instrument ihrer neuen Sicherheitsstrategie weltweit zur Krisenbewältigung zur Verfügung zu haben. Ja, es gab 2003 in Nordwijk ein regelrechtes Wettrennen der EU-Verteidigungsminister um die Teilnahme an Battle Groups. Damals ging es darum, die Verteilung der Zuständigkeiten der Nationen bis 2012 zu bestimmen. Briten, Franzosen und etwas verzögert die Deutschen hatten 2002 diese Idee geboren, um eigene europäische schnelle Krisenreaktionsfähigkeiten zu erwerben – und damit den Grad der Abhängigkeit von der Nato zu verringern.

Jetzt aber, da eine europäische Militärpräsenz unter UN-Mandat helfen könnte, erste Schritte zur Demokratie in Kongo zu wagen, zögern die Europäer. Und die Deutschen gehören nicht zu den Motoren einer offensiven Problemlösungsstrategie. So können Deutsche und Europäer Glaubwürdigkeit nicht allein in Afrika verspielen, sondern auch hinsichtlich ihres Selbstverständnisses in Sachen europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Jene in Berlin, Paris und London, die so gern von Verantwortung sprechen, wenden sich ab, konzentrieren sich lieber auf Absichtserklärungen oder verstecken sich hinter einer angeblichen Nichtzuständigkeit. Dabei sollte es doch allein um die Sicherung von Wahlen in Kongo gehen – um nicht mehr und nicht weniger!

Der Autor ist Bundeswehrexperte. Bis 2005 war er Leiter des Planungsstabes im Verteidigungsministerium.

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