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Meinung: Hoch reckt sich der Hunne

Wäre man natürlich gern selbst drauf gekommen. Was könnte der philosophischen Vertiefung des Fußballs in Japan nützlicher sein als die Verdichtung der spielerischen Substanz auf die klassische Form des Haikus?

Wäre man natürlich gern selbst drauf gekommen. Was könnte der philosophischen Vertiefung des Fußballs in Japan nützlicher sein als die Verdichtung der spielerischen Substanz auf die klassische Form des Haikus? Stolz aus der Pampa/reckt sich hoch der Stängl mit Schopf/einnickend zum Tor schreibt der Dichter Gottfried Blumenstein zum Spiel Argentinien-Nigeria. Da sieht man das Wesentliche des Spiels in gläserner Klarheit vor sich, spart einen Haufen Zeit und kann sich für den Rest des Tages wichtigeren Dingen zuwenden. Andererseits bleibt ein gewisses Unbehagen angesichts unumgänglicher Vergröberungen, ja Stereotypen, die der Völkerverständigung im Weg stehen könnten. Pampa? Nun ja. Wie wäre denn das: Stolz aus der Nordpfalz/reckt sich hoch der Hunne mit Panzer/einbombend zum Tor. Na? Eben: Wollen wir nicht lesen. Wäre eventuell die klassische Form des elegischen Distichons geeignet? Zu anspruchsvoll. Und das Limerick? Völlig aus der Mode, obgleich: Es war einst ein Trainer aus Eire/der sagte: Stoppt das Geseire/der Ball muss ins Tor/und zwar volles Rohr/doch hörte dann keiner... Ja, worauf? Sehen Sie: Da liegt der Vorteil der fernöstlichen Form. Weil Haikus sich nicht reimen, sind sie schnell verfertigt, passen immer und vermitteln Tiefgang auf die Schnelle, wo mitteleuropäische Dichter noch nach dem Reim suchen wie die Franzosen nach ihrer Form. Kahl ragt das Haupt/des großen bayerischen Kraftkerls/scheiternd am Torhüter. Na bitte, geht doch. Nun muss nur noch ein bedeutender Verlag gefunden werden. Und zwar vor dem Endspiel.

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