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Hochschul-Chefs: Moderierende Macher

Christoph Markschies tritt als Präsident der Humboldt-Universität ab – daraus lassen sich auch für andere Hochschulen Lehren ziehen.

Auf einer Welle der Sympathie war Christoph Markschies vor vier Jahren ins Amt gesurft. Begleitet von euphorischen Bekundungen der Presse und der Hochschulangehörigen wählte die Berliner Humboldt-Universität den damals erst 43-jährigen Theologen mit überwältigender Mehrheit zu ihrem Präsidenten. Zwar hatte Markschies noch keine Leitungserfahrung. Dafür wirkte der Pfarrer trotz seiner wissenschaftlichen Meriten bescheiden und offen – bestens geeignet, in der Uni Brücken zu bauen.

Der Jubel ist verstummt. Kaum denkbar, dass die HU Markschies heute noch einmal wählen würde. Das hat nun auch der Präsident einsehen müssen und bekannt gegeben, er strebe keine zweite Amtszeit an. Was ist geschehen?

Seine größte Herausforderung, die HU im Wettbewerb unter die Exzellenzuniversitäten zu führen, hat Markschies nicht bestanden. Womöglich hätte die eigentlich in der Spitzenliga mitspielende Uni ihrem Präsidenten dessen unausgereiften Antrag sogar verziehen. Doch die Risse zwischen ihm und der Basis waren zu groß: Der von Markschies geplante radikale Umbau der HU wurde mit großer Skepsis beobachtet, schließlich kam es darüber zum Eklat.

Der Eindruck, Markschies habe die HU mit seinem Tempo überfordert, ist allerdings falsch. Wenn ihm seit langem „Führungsschwäche“ vorgeworfen wird, dann vor allem, weil er es versäumt hat, einen Plan zu entwerfen, der zur HU passt und für den sich deshalb genug einflussreiche Mitstreiter gewinnen lassen. Statt dessen kam es wegen seiner Amtsführung ständig zu Konflikten – ohne dass die HU dabei (schmerzhafte) Richtungsentscheidungen vollzogen hätte. Der Präsident hat sich in ungezählte Kleinkriege mit kritischen Unimitgliedern verzettelt, auch im Präsidium. Das hat die HU viel Zeit gekostet und Markschies Ansehen. Zuletzt irritierte es die Uni, dass er bei den wichtigen Verhandlungen um die Hochschulverträge kaum präsent war.

Was darf man von einem deutschen Unipräsidenten erwarten? Der Staat hat die Unis weit in die Autonomie entlassen. Sie müssen selbst Weichen stellen. Also darf der Unipräsident sich mit der Rolle als Grüß-August auf Immatrikulationsfeiern nicht zufrieden geben. Er muss gestalten. Unis aber sind keine Schraubenfabriken. Es herrscht Mitbestimmung – bei oft unterschiedlichen Interessen. Erfolgreiche Hochschulleiter, in Deutschland gibt es sie durchaus, sind daher große Moderatoren.

Andere heben im Amt ab. Vor lauter Eitelkeit kommt Selbstkritik in ihrem Verhaltensrepertoire bald nicht mehr vor, Kritiker gelten als Feinde. Solche wie Fürsten auftretenden Hochschulleiter werden eher kurze Amtszeiten haben (wie kürzlich in Hamburg zu sehen). Zu einem professionellen Amtsverständnis gehört die Bereitschaft, sich hinterfragen zu lassen. Und Bescheidenheit. Abgucken lässt sich das manchmal sogar bei den viel gescholtenen Politikern. Wie bei Angela Merkel, die – vielleicht kalkulierend und pathetisch, aber passend – formuliert hat: „Ich will Deutschland dienen.“

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