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Meinung: Höchststrafe für Eichel

Der Finanzminister hat seine Ziele verfehlt – und muss bleiben

Von Antje Sirleschtov

Hans Eichel hätte wahrlich Gründe genug hinzuschmeißen. Der Finanzminister wollte eine Steuerreform, die die Wirtschaft entlastet und die Finanzierung der staatlichen Aufgaben garantiert. Was daraus wurde, ist bekannt: Jeder stöhnt über die Abgaben, trotzdem sind die Staatseinnahmen eingebrochen. Der Minister versprach, die Steuern nicht zu erhöhen. Jetzt müssen Raucher dafür bezahlen, dass die Regierung keine Gesundheitsreform zimmern kann, die den Beitragssatz stabilisiert. Wer weiß, wer der nächste Büßer sein wird. Eichel wollte nicht zuletzt die staatlichen Ausgaben kürzen, damit Deutschland ab 2006 nicht immer neue Schuldenberge auftürmt.

Nun hat Eichel auch dieses letzte und für ihn persönlich wichtigste Ziel aufgeben müssen. Auch in diesem Jahr kommt er wieder nicht mit dem Haushaltsgeld aus. Und ohne die Ausflucht, eine gesamtwirtschaftliche Störung zu erklären, wäre sein Etat verfassungswidrig. Allein das wäre ein Grund zur Kündigung. Für ihn selbst und für seinen Boss. Denn es bedeutet das Eingeständnis eines Ministers, bei der Umsetzung seiner politischen Ziele gescheitert zu sein.

Dennoch wird er bleiben. Weil er nur zu genau weiß, dass alle, die jetzt seinen Rücktritt offen oder hinter vorgehaltener Hand fordern, kräftig beigetragen haben zur traurigen Situation der deutschen Finanzen. In Regierung und Koalition, wo man sich seit Jahren vor den nötigen sozialpolitischen Entscheidungen drückt, mit denen man die aktuelle Haushaltsmisere hätte verhindern können. Im Rentensystem wie in der Arbeitsverwaltung. Aber auch in der Opposition, die gerade ihre Macht im Bundesrat dazu genutzt hat, Milliardensubventionen wie etwa die Eigenheimzulage vom Zugriff des Finanzministers zu verschonen.

Sie alle weisen immer gern darauf hin, wie sozialpolitisch verantwortungsvoll oder wirtschaftspolitisch sinnvoll ihre jeweiligen Rezepte sind. Sie fordern vorgezogene Steuersenkungen, reden Investitionsprogrammen das Wort oder deuteln am europäischen Stabilitätspakt herum. Doch sie vergessen dabei zu erwähnen, dass Geld nicht vom Himmel fällt. Und dass auch ein Finanzminister nur so erfolgreich sein kann, wie die Regierung, deren Bilanz er jedes Jahr in einem Haushalt zusammenfasst.

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