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Meinung: Höflich singen

BENIMM IM STUNDENPLAN

Deutschland war einmal ein ordentliches Land. Fleißig und pünktlich waren die Deutschen, höflich und diszipliniert. Das ist lange her, der Krieg, die 68er, das Ozonloch, wer weiß, doch Deutschland ist heute ein eher verwahrlostes Land. Es herrscht ein Zeitgeist, sagt der saarländische Kultusminister Schreier (CDU), der „Autorität und Respekt unter Generalverdacht“ stellt. Deshalb sollen die Kinder im Saarland mit Beginn des neuen Schuljahres jene Verhaltensmuster wieder erlernen, die den ungeliebten Namen „Primärtugenden“ führen. Die Schüler werden also zum Thema „Höflichkeit“ oder „Fleiß“ Bilder malen oder Referate halten. Oder ein Lied singen. Vermutlich werden sie dadurch genau so höflich werden wie der Englischunterricht sie zu Engländern macht: im besten Fall zufällig. Im schlechtesten Fall bleiben sie frech, haben aber noch bessere Argumente für ihre Tugendlosigkeit. So sehr sich die Schule das „Ende der Unhöflichkeit“ herbei wünschen mag, es bleibt ein Missverständnis, Anstand und Benimm auf den Stundenplan zu setzen. Beides den Kindern beizubringen, ist ohnehin Aufgabe der Schule und der Lehrer. Wenn sie das angesichts des überwältigenden Angriffs der modernen Gesellschaft auf solche Werte nicht schaffen, wird auch die Öffnung des Stundenplans nicht helfen. Wer auf Disziplin und Plichtbewusstsein Wert legt, sollte das ruhig in Schule tun. Aber eben auch im Matheunterricht, und auch wenn es zur Pause geklingelt hat. mos

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