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Uli Hoeneß, bis Anfang September Träger des Bayerischen Verdienstordens.

© dpa

Hoeneß und Bayern: Orden, wem Orden gebühren

Monate vergingen, ehe Uli Hoeneß nach seinem Strafurteil seinen Bayerischen Verdienstorden zurückgab - und dies auch nur auf Druck aus der Staatskanzlei. Dabei hätte er selbst darauf kommen können. Die Gesetze des Landes legen es nahe. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Ihr prominenten Sünder, Angeklagten und Verurteilten der Zukunft, schaut einmal mehr auf Uli Hoeneß, der zum Jahresende auf einen sozialen Konflikt verweist, wie er nur von einem Fußballmanager und Steuerbetrüger seines Formats sichtbar gemacht werden kann. Was tun, wenn der Staat, der einen hinter Gitter schickt, zuvor hochamtlich ehrte?

80 Tage nach seinem Urteil und dann noch ein paar Wochen nach Haftantritt ließ der bekannteste Gefangene der Republik verstreichen, ehe er den Bayerischen Verdienstorden von Ehefrau Susanne zum Absender zurücktragen ließ, Bayerns Ministerpräsidenten. Anlass war nicht, wie es zunächst hieß, Missfallen darüber, wie der Freistaat ihn in die JVA Landsberg bugsierte. Sondern dass die Staatskanzlei ihm die Pistole auf die Ordensbrust gesetzt und an ein „ungeschriebenes Gesetz“ erinnert haben soll: Wer zu Haft ohne Bewährung verurteilt werde, müsse die Auszeichnung zurückgeben. So zumindest schildert es Hoeneß’ Hamburger Medienanwalt, der gemeinsam mit seinem Mandanten offenbar davon ausgeht, dies sei die weniger ehrenrührige Version der Geschichte.

Dabei ist Bayern ein Musterland der geschriebenen Gesetze, weshalb laut Landesverfassung sogar Orden nur aufgrund legaler Ermächtigung verliehen werden dürfen. Das in Ausführung des Verdienstorden-Gesetzes erlassenen Statut ordnet die Aberkennung zwingend an, wenn der Ordensbeirat (Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Seehofer-Vize Ilse Aigner) die Aberkennung vorschlägt und der Inhaber „wegen einer auf ehrloser Gesinnung beruhenden Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist“. Für Hoeneß hat das anscheinend niemand erwogen, was so viel heißt, dass die Hinterziehung von knapp 30 Millionen Euro Steuern auf etwas anderem beruhen muss.

Ungeschriebene Gesetze hätten Hoeneß und sein Anwälte gar nicht zu kennen brauchen, es reichen die geschriebenen, die auch „bei einer anderen rechtskräftigen Verurteilung“ den fakultativen Ordensentzug vorsehen. Verdienstorden und Strafurteile vertragen sich schlecht. Menschen mit etwas Gefühl erkennen das auch ohne gesetzliche Aberkennungsregeln, wie etwa Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel, der nach seinem Steuer-Urteil das Bundesverdienstkreuz zurückschickte. Gröber gestrickte, wie Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, überlegen noch. Vergeben und Vergessen ist wichtig und nötig, aber es gilt auch, dafür ein paar Voraussetzungen zu schaffen.

Bayerns Verdienstorden ist noch niemandem entzogen worden. Ein seltener Fall freiwilliger Rückgabe war Republikaner-Gründer Franz Schönhuber, weil der Verfassungsschutz seine Rechtspartei beobachtete. Eine „unwürdige Behandlung deutscher Patrioten“ beklagte der damals. Hoeneß sagt es nicht, aber er könnte ähnlich denken.

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