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Meinung: Hört auf Hollywood

Die USA bereiten die Abwehr von Killer-Meteoriten vor

Alexander S. Kekulé Die Alarmmeldung kam kurz vor Weihnachten. Das Jet Propulsion Laboratory der Nasa hatte gerade festgestellt, dass der Asteroid „2004MN4“ der Erde gefährlich nahe kommen könnte. Das Datum der möglichen Kollision ließ nichts Gutes ahnen: Freitag, der 13. April 2029.

Solche Warnungen sind für Asteroidenforscher keine Seltenheit. Meist können die Himmelswächter jedoch aufgrund genauerer Berechnungen bereits nach wenigen Tagen den Termin für den Weltuntergang wieder absagen. Nicht so bei 2004-MN4: Die am 20. Dezember 2004 noch mit 1:2500 vorhergesagte Kollisionswahrscheinlichkeit stieg mit jeder genaueren Rechnung weiter an.

Mit seinen 320 Metern Durchmesser könnte 2004-MN4 wohl nicht die ganze Menschheit auslöschen. Die Einschlagsenergie von rund 10000 Megatonnen TNT – mehr als das gesamte Kernwaffenarsenal der Erde –  reichte aber aus, um Deutschland samt den Benelux-Ländern und Österreich in den Globus zu stampfen. Dass keine Panik ausbrach, ist wohl auch dem Tsunami zu verdanken, der ab dem 26. Dezember die Welt in Atem hielt.

Währenddessen versuchte eine Hand voll Astronomen fieberhaft, das erst im Juni 2004 entdeckte Flugobjekt auf alten Himmelsaufnahmen zu finden, um dessen Bahn genauer zu berechnen. Am 27. Dezember konnten sie Entwarnung geben: Der Asteroid 2004- MN4 wird die Erde voraussichtlich um eine kosmische Haaresbreite verfehlen. Nach aktuellen Berechnungen wird er am 13. April 2029 in nur 29900 Kilometern Höhe, noch unterhalb der geostationären Nachrichtensatelliten, mit dem bloßen Auge sichtbar durch das Sternbild des Krebses rasen. Ein derart knapper Schuss vor den Bug kommt statistisch nur alle 1300 Jahre vor.

Mindestens 40 Meter groß müssen Gesteinsbrocken aus dem Weltraum sein, damit sie als Meteoriten auf der Erde einschlagen können – kleinere Objekte verglühen als Sternschnuppen in der Atmosphäre. Ab etwa zwei Kilometern Durchmesser, entsprechend einer Energie von einer Million Megatonnen TNT, sind die Auswirkungen global: Eine Feuersäule aus verglühtem Gestein und heißen Gasen schießt von der Einschlagstelle in den Weltraum und reißt einen Teil der Erdatmosphäre mit sich. Danach verdunkelt feinster Staub den Planeten – jahrelange Ernteausfälle und Hungersnöte sind die Folge. Ein etwa 15 Kilometer großer Meteorit löschte so vor 65 Millionen Jahren die Dinosaurier aus.

Die USA nehmen als einziges Land der Erde die Bedrohung ernst. Aufgeschreckt durch die Katastrophenfilme „Armageddon“ und „Deep Impact“ beauftragte der Kongress 1998 die Nasa, innerhalb eines Jahrzehnts mindestens 90 Prozent der potenziell gefährlichen Asteroiden aufzuspüren und ihre Flugbahnen vorherzusagen. Bisher wurden rund 770 Asteroiden katalogisiert – keiner von ihnen wird der Erde in den nächsten 100 Jahren so nahe kommen wie 2004-MN4.

Trotzdem besteht weiterhin Gefahr: Erstens könnte einer der bisher nicht registrierten Asteroiden – theoretisch jederzeit – auf die Erde niedergehen. Zweitens verlassen regelmäßig neue kosmische Geschosse den Asteroidengürtel, eine riesige Gesteinswolke zwischen Mars und Jupiter, in Richtung Erde. Schließlich könnte auch ein Komet mit der Erde kollidieren.

Viel wahrscheinlicher ist, dass ein bekannter Asteroid die Erde einige Male knapp verfehlt und dabei so abgelenkt wird, dass er schließlich einen Volltreffer landet. Die Menschheit hätte dann einige Jahrzehnte Zeit, den großen Knall abzuwenden. Wie das funktionieren könnte, testet die Nasa bereits: Am kommenden Montag wird die Sonde „Deep Impact“ einen etwa kühlschrankgroßen, 370 Kilo schweren Metallzylinder auf den Kometen „Tempel 1“ schleudern. Die Forscher hoffen, etwas über die Dichte und Zusammensetzung von Kometen zu erfahren und vielleicht sogar den Schweifstern ein wenig vom Kurs abzubringen – ein kleiner Schubser für einen Kometen könnte eines Tages ein gewaltiger Schritt für die Menschheit sein.

Der Autor ist Institutsdirektor und Professor für Medizinische Mikrobiologie in Halle.Foto: J. Peyer

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