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Meinung: Horch auf Audi

Von Alfons Frese

Wird Brüssel geschlossen? Oder doch Braunschweig? Oder beide und die Gießerei in Hannover noch dazu? Welche Perspektive hat Wolfsburg? Werden 20 000 Arbeitnehmer betroffen sein oder sogar 40 000? Die seit Monaten stetig steigende Unsicherheit konzentriert sich in einer Frage: Was wird aus Volkswagen? Und nebenbei: Was wird aus Volkswagen-Chef Bernd Pischetsrieder? Europas größter Autohersteller ist nicht marode, sondern verdient ordentlich Geld. Doch leider nur mit den Marken Audi und Skoda und den Finanzdienstleistungen rund ums Auto. Der Kern des Konzerns, die Marke VW, kommt seit Jahren nicht in Schwung. Die VWs sind zu kompliziert konstruiert, werden zu aufwändig montiert und schließlich zu teuer auf den Markt gebracht. Das gilt für das Passat-Werk in Emden wie für die Golf-Produktion in Wolfsburg und die Komponentenfabriken in Braunschweig und Kassel sowieso. Die ostdeutschen VW-Standorte in Mosel, Chemnitz und Dresden sind besser dran, weil sie moderner sind und geringere Arbeitskosten haben als im Westen. Das ist alles seit langem bekannt. Auch das Verhalten der Autokäufer, die eben nicht mehr automatisch bei jeder Neuanschaffung mehr für das Fahrzeug ausgeben als beim letzten Mal. Wenn VW seine Marktanteile gegenüber Renault und Toyota verteidigen will, dann müssen die Autos auch im Preiswettbewerb bestehen können. Wie zum Beispiel der Minivan VW-Touran, der im Rahmen des neuen Tarifmodells Auto 5000 durchaus mit Gewinn in Wolfsburg gebaut wird.

Die IG Metall weiß um die Probleme mit den westdeutschen Standorten und kommt deshalb nicht um Zugeständnisse herum, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze hier zu halten. Die Abkehr von der Vier-Tage-Woche, also eine Verlängerung der Arbeitszeit, gehört nicht zu den vernünftigen Optionen, weil das allein 20 000 VWlern den Arbeitsplatz kosten würde. Und das sind alles potenzielle VW-Käufer. Unternehmen, Gewerkschaft und Betriebsrat haben einen Interessenausgleich bei VW erreicht, mit dem der Konzern in den vergangenen Jahrzehnten gut gefahren ist. Trotz Sex-Affäre um Peter Hartz, trotz Intrigenspiel um Pischetsrieder und Piëch. Hunderttausende Mitarbeiter in aller Welt erwarten von ihrem Führungspersonal erfolgversprechende Entscheidungen. Und weniger eitle Selbstbeschäftigung.

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