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Syrische Demonstranten protestieren gegen das Veto Russlands gegen eine UN-Intervention.

© Reuters

Humanitäre militärische Intervention: Verantwortung übernehmen in Syrien

Eingreifen wäre die Alternative zum Zusehen. Aber die Vereinten Nationen haben Angst zu versagen. Und die zentrale Lehre aus der besten Intervention der Geschichte - dem alliierten Sieg über Deutschland 1945 - wurde vergessen und verschlampt.

Von Caroline Fetscher

Es reicht. Schon lange reicht es. Es dürfte nicht wenige westliche Zeitgenossen geben, denen sämtliche Nachrichtensendungen vergällt sind, solange jede einzelne von ihnen Bilder und Berichte aus dem Terror-Territorium Syrien zeigt. Verwackelte Bilder aus Leichenhallen, blutverschmierte Hauswände, Fußböden. Tote Kinder, Kinder als menschliche Schutzschirme. Berichte über Massaker und hilflose Beobachter.

Ganz zu schweigen davon, wie unerträglich die Bilder des an sich sympathischen Kofi Annan wirken. Denn bei aller Wohlausgewogenheit des Mannes kann man sich doch gut daran erinnern, wie entsetzlich gerade dieser UN-Funktionär in Kriegs- und Krisenzeiten versagt hat, von Ruanda bis Bosnien.

UN-Berichte endeten dann gern mit dem Satz, es habe sich da um „die dunkelste Stunde der Vereinten Nationen“ gehandelt. Und Teufel auch: So war es. Warum nun ausgerechnet jener Annan einen skrupellosen Massenmörder wie Syriens Assad vom Wolf zum Schaf verwandeln soll, das vermag man vollends nicht zu erfassen.

Was wäre die Alternative? Eingreifen selbstverständlich. Eingreifen, also eine humanitäre, militärische Intervention von außen, die das syrische System so weit außer Gefecht setzt, dass weniger, dass kein Blut mehr vergossen wird. Es dürfte auch wenige westliche und übrige Zeitgenossen geben, die das nicht schon gedacht und gefühlt haben.

Video: UN setzen Syrien auf "Liste der Schande"

Das wuchtige Aber, das auf diesen Gedanken sofort folgt, hat seine Ursache in der mangelhaften bis miserablen Erfahrung mit den Phasen nach erfolgreichen Interventionen der vergangenen Jahre, insbesondere in Afghanistan und im Irak, teils aber auch in Libyen.

Der Bürgerkrieg in Syrien in Bildern:

Vergessen, verschlampt wurde die zentrale Lehre aus der besten Intervention der Geschichte, dem alliierten Sieg über Deutschland 1945. Schon bei der Erwähnung dieser größten und notwendigsten militärischen Leistung der Geschichte schreien die meisten Dialogpartner auf. „Afghanistan, voller Clans und Fanatiker, das ist doch nicht Deutschland!“ „Libyen, der Irak, da gibt es doch ganz andere Strukturen!“ Diese Länder hätten keine demokratische und bürokratische Tradition, keine Ahnung von Verwaltung. Und so fort. Vergessen, verschlampt wird dabei, dass es nicht die Ahnung von Verwaltung ist – die übrigens in jedem autoritären Regime von den Taliban bis Nordkorea ziemlich gut funktioniert –, worum es geht. Es ist die Ahnung von einer zivilisierten Gesellschaft, um die es geht. Was soll nach der Intervention geschehen? Das hatten Amerikaner und Briten schon Jahre vor dem Mai 1945 sorgfältig, psychologisch intelligent und bis ins Detail mit Hunderten von Experten auf allen Gebieten, inklusive Ökonomie und Bildung, geplant.

Denn wer humanitär-militärisch interveniert, der trägt sofort und zunächst einmal die Verantwortung. Gibt es allerdings, wie zum Beispiel nach dem Sieg über Saddam Hussein im Irak, mehrere Pläne, von denen nicht einer umgesetzt wird, hat diese Verantwortung versagt. Noch immer fehlen solche klugen Pläne für die Post-Interventionsszenarien der Moderne. Es gibt keine internationale Akademie für Nachkriegsstudien. Ein institutionelles Gedächtnis fehlt, die Lernfähigkeit scheint gering. Interventionen sind kein Computerspiel, das mit „Gewonnen!“ endet. Bei diesem Signal beginnen sie erst. Wäre es klar, dass ein verantwortungsvoller, realistischer Plan für Syrien nach dem Eingreifen existiert – eher heute als morgen würde man die Intervention befürworten.

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