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Meinung: „Ich bin nicht von der…

…wackligen Sorte.“ Tony Blair ist ungeliebt und wird verhöhnt, aber er schafft es immer wieder, sich strahlend und als ewiger Optimist dem Publikum zu präsentieren – trotz Irakdebakel und Streit in der Labourpartei, und obwohl zwei Drittel der Briten das Vertrauen in ihn verloren haben.

…wackligen Sorte.“

Tony Blair ist ungeliebt und wird verhöhnt, aber er schafft es immer wieder, sich strahlend und als ewiger Optimist dem Publikum zu präsentieren – trotz Irakdebakel und Streit in der Labourpartei, und obwohl zwei Drittel der Briten das Vertrauen in ihn verloren haben. Der Premierminister brauchte eine gehörige Portion Masochismus, als er sich in Brighton zum elften Mal einem Labourparteitag und damit der ganzen Nation als der kommende Mann präsentierte.

Aber Blair ist keine Mimose. Und seine Mission sieht er noch nicht erfüllt. Zwei Wahlen hat er gewonnen, vier Kriege geführt, er hat Labour aus der politischen Vergessenheit geführt und zur unbestrittenen Partei der Macht in Großbritannien gemacht. Die Delegierten in Brighton jedenfalls halten es alle für eine ausgemachte Sache, dass Labour die nächste Wahl gewinnt. Viel gebe es in der dritten Amtszeit noch zu tun, sagt Blair.

Fast hätte er es allen recht gemacht. Eine Wähleranalyse des „Daily Telegraph“ zeigt das. Mehr als 40 Prozent glauben, dass seine Labour Party der Mittelklasse nahe steht – und den ethnischen Minderheiten. Und den Schwulen, Frauen, Gewerkschaftern, der Arbeiterklasse und den Reichen. An diese Koalition der Willigen wandte sich Blair in seiner Parteitagsrede. Doch was er ihnen allen nun genau recht machen will, das ist in den letzten Jahren immer undeutlicher geworden. Und das nagt an ihm.

Irgendwann im Frühsommer hatte Blair eine Krise. Doch dann blickte er zurück und fand, dass er, bei allen Erfolgen, seine zentrale Mission nicht erfüllt habe. Irak, Afrika, Klimawechsel, bessere Bildung und Erziehung, alles schön und gut. Doch Blair will Großbritannien den Stempel aufdrücken wie Margaret Thatcher in ihren über elf Amtsjahren. Das Land auf immer verändern, mit einer radikalen Reform, die soziale Solidarität, Selbstverantwortung und individuelle Mitsprache verbindet. Und er wollte Großbritannien mit Europa versöhnen.

Nun soll ein zweiter Frühling Blair einen Neuanfang vergönnen. Wird er den Briten noch zeigen, was er wirklich im Sinn hatte? Kaum ist in Brighton der Beifall verhallt, könnte am Donnerstag eine verlorene Nachwahl in Hartlepool, dem Wahlkreis des neuen EU-Handelskommissars Peter Mandelson, den Traum von Blairs Wiedergeburt wieder stark gefährden. Der zweite Frühling wird eine Zitterpartie. Oder nur ein Altweibersommer.

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