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Meinung: „Ich erwarte nichts Utopisches“

Immer wenn im Kurkino Oberstdorf eine allgemeine Frage an die deutschen Skispringer gerichtet wird, blicken sich Martin Schmitt und Michael Uhrmann fragend an: Wer soll antworten, ich, du? Es dauert ein paar Sekunden, dann zieht Martin Schmitt das Mikrofon zu sich.

Immer wenn im Kurkino Oberstdorf eine allgemeine Frage an die deutschen Skispringer gerichtet wird, blicken sich Martin Schmitt und Michael Uhrmann fragend an: Wer soll antworten, ich, du? Es dauert ein paar Sekunden, dann zieht Martin Schmitt das Mikrofon zu sich.

Martin Schmitt, 28, ist immer noch das Sprachrohr der deutschen Skisprungmannschaft. Er ist gegenwärtig auch bester deutscher Springer in der Gesamtweltcupwertung. Das könnte als Lob ausgelegt werden, spricht aber eher gegen die sportlichen Qualitäten der deutschen Skispringer. Schmitts letzter Weltcupsieg stammt aus der Saison 2001/2002, seitdem reicht es nicht mehr für eine Platzierung in der Weltspitze. Zurzeit liegt er im Gesamtweltcup auf Rang 16. „Nach ganz vorne fehlt noch ein Stück“, sagt Schmitt vor dem heutigen Beginn der 55. Vierschanzentournee.

Das charakterisiert die gesamte Mannschaft von Bundestrainer Peter Rohwein. Das deutsche Skispringen hat seit Sven Hannawalds Karriereende keinen Springer mehr, der einen Wettbewerb gewinnen kann. „Das Skispringen hat schon bessere Zeiten erlebt, das ist klar“, sagt Schmitt. Er war bis 2002 Teil dieses Höhenflugs, er gewann in Salt Lake City Gold mit der Mannschaft und hat insgesamt vier WM-Titel geholt. Doch diese Zeiten sind vorbei. Das Skispringen hat sich weiterentwickelt, es gibt neue Regeln für die Anzüge und eine Gewichtsregel für die Springer. Junge Athleten aus Österreich und Norwegen haben die Absprungtechnik weiterentwickelt.

Martin Schmitt versuchte, mit der Entwicklung Schritt zu halten. Es spricht für ihn, dass er die nun seit vier Jahren anhaltende Erfolglosigkeit und die damit zusammenhängenden Negativschlagzeilen weiter erträgt. „Wer so viel über sich ergehen lässt, der muss mit dem Herzen dabei sein“, sagt Bundestrainer Peter Rohwein.

Oder mit dem Kopf, denn das Weitermachen dürfte sich zumindest finanziell lohnen. Martin Schmitt war der erste Skispringer in Deutschland, der einen lukrativen Werbevertrag unterzeichnet hat. Sein Sponsor hält ihm weiterhin die Treue. Beide hoffen, dass es vielleicht doch irgendwann aufwärtsgeht. Wie beim Schweizer Simon Ammann, der nach einer ähnlichen Durststrecke wieder den Gesamtweltcup anführt. Die Zeiten aber, in denen sich Martin Schmitt eine tragende Rolle vorgenommen hat, sind vorbei. In Oberstdorf sagte er: „Ich erwarte nichts Utopisches von mir.“

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