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Meinung: „Ich habe nicht erwartet, dass die CDU jubelt“

Wenn man von Berlin nach Sachsen schaut, von der großen Koalition im Bund zur selbigen in Dresden, dann legt sich auf manch politischen Beobachter zunächst ein fieses Lächeln. Große Koalition?

Wenn man von Berlin nach Sachsen schaut, von der großen Koalition im Bund zur selbigen in Dresden, dann legt sich auf manch politischen Beobachter zunächst ein fieses Lächeln. Große Koalition? Die SPD in Sachsen lag bei den letzten Wahlen bei ganzen 9,8 Prozent, zusammen mit der CDU von Ministerpräsident Georg Milbradt kommen beide „Volksparteien“ auf 51 Prozent. Beide stellen seit dem vorvergangenen Herbst eine Regierung, die nach holprigem Start in einer gewissen Unauffälligkeit versank. Wäre es nicht die Landeshauptstadt selbst, die mit einem Untreueprozess gegen den Bürgermeister, der Posse um eine Brücke und der austrocknenden Elbe beständig bundespolitische Glanzlichter setzen würde – wo wäre Sachsen?

Wie schön ist es da für CDU und SPD, einmal einen Streit inszenieren zu können, bei dem es so richtig um Inhalte geht. Das glaubte zumindest die SPD, als sie die Ex-Chefin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, Eva-Maria Stange, zur neuen Wissenschaftsministerin nominierte – Amtsinhaberin Barbara Ludwig (SPD) war gerade zur Oberbürgermeisterin von Chemnitz gewählt worden. Das Grummeln einiger CDU-Hinterbänkler war die erwartbare Folge – Stange sei zu links, Gewerkschaftsfunktionärin und dann noch ehemaliges SED-Mitglied (1988 allerdings ausgetreten). Als Milbradt durchblicken ließ, die Angelegenheit sei eine des Koalitionspartners, wurde die Kritik an der 49-Jährigen leiser.

Nun, einige Meinungsäußerungen Stanges später – gegen Studiengebühren, gegen den Bau der auch von der Unesco abgelehnten Waldschlösschenbrücke und für ein beitragsfreies und verpflichtendes Vorschuljahr, alles Dinge also, die die CDU gegenteilig sieht – droht der Streit aus dem Ruder zu laufen. CDU-Kultusminister Steffen Flath ließ seiner künftigen Kabinettskollegin per Zeitungsinterview jetzt mitteilen, ihre Berufung sei eine Belastung für die Koalition. Und mit schulpolitischen Angelegenheiten habe sie (im Gegensatz zu ihm) qua Amt nichts zu tun.

Georg Milbradt ist im Urlaub, und so gelten die Angriffe Flaths auf seine künftige Kollegin wohl der eigenen Profilierung, mutmaßt man in Dresden. Vor allem bei der SPD ist der anfängliche Ärger mittlerweile in heimliche Freude umgeschwungen. Denn eines hat Flath schon jetzt erreicht: Stange kennt jetzt jeder – noch bevor sie ab September am Kabinettstisch die Politik der „großen“ Koalition umsetzen muss.

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