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Das bisschen Haushalt ...

© dapd

Ich habe verstanden: Nudeln, Kakao und nur zwei Flaschen Bier

Auf einem Foto aus der geräumten Liebigstraße 14 findet Matthias Kalle so einiges, was er nicht erwartet hätte. Aber Fotos können natürlich furchtbar täuschen.

Als am Mittwochabend das "heute-journal" im ZDF mit nächtlichen Aufnahmen tumultartiger Zustände begann, dachte ich: Aha, Liebigstraße - dann ging es aber um Kairo und um das, was dort auf den Straßen passierte. Dann sah man die Moderatorin Marietta Slomka und ich dachte kurz: Aha, schwanger.

Wahrscheinlich ist das überhaupt nicht gut und richtig, dass ich mich von Bildern immer so ablenken lasse. Am Donnerstag druckten verschiedene Zeitungen Fotos, die nach der Räumung in den Zimmern der Liebigstraße gemacht wurden. In den meisten Zeitungen waren die Bildunterschriften neutral gehalten - einige Boulevardblätter führten sie zum Beweis an, wie "die Chaoten hausten", aber das ist auf den Fotos nicht wirklich zu erkennen. Ein Foto habe ich mir dann ganz genau angeschaut. Es zeigt eine Wohnküche, sie ist nicht ganz sauber. Ich würde mich darin nicht wohl fühlen, aber ich bin sicher, dass es Menschen gibt, die zum Beispiel CDU wählen und in deren Wohnung es noch schlimmer aussieht. Auf dem Foto jedenfalls waren einige interessante Dinge zu erkennen: ein kleiner Espressokocher stand auf dem Herd - so ein Kocher, wie man ihn in jeder gentrifizierten Wohnung findet, wo ein Espresso dem spießigen und in die Jahre gekommenen Filterkaffee vorgezogen wird. Diese Dinger, mit denen man den Kaffee nach unten drückt - die habe ich übrigens schon ganz lange nicht mehr gesehen.

Auf einem Regal, das einem Regal gleicht wie es eine große schwedische Möbelkette anbietet, stehen mehrere Packungen mit Nudeln. Keine Aktionsware, sondern Nudeln einer Marke, für die bereits die ehemalige Tennisspielerin Steffi Graf Werbung gemacht hat. Eine 500-Gramm-Packung kann schon mal bis zu 1 Euro 50 kosten, manchmal findet man Angebote unter 80 Cent, aber sehr selten. Außerdem erkannte ich in diesem Regal auch die gelbe Packung eines Kakaopulvers, das als Symbol für westdeutsche Kindheitserinnerungen gelten muss. Nudeln und Kakao - und hinterher einen Espresso.

Und dazu vielleicht noch ein Glas Wasser, denn ich zählte auf dem Foto insgesamt sieben Flaschen Wasser, aber nur zwei Flaschen Bier - und die auch noch von einer sehr preiswerten Sorte. Dass das Bier hier in der Minderheit war, machte mich stutzig, denn man las in der Vergangenheit ja auch, das in der Liebigstraße 14 "Suffköpfe" ein- und ausgingen würden. Nach dem Foto zu urteilen scheinen es aber eher Wasserköpfe gewesen zu sein.

Fotos können natürlich furchtbar täuschen - möglicherweise wurde genau dieses Bild ja auch sorgfältig arrangiert: von den ehemaligen Bewohnern, der Polizei, dem Fotografen - das weiß man ja alles nicht. Einige Menschen haben sich ja am Mittwoch im Internet auch Livebilder angeschaut. Tatsächlich wollten sehr viele Menschen diesen, nun ja, Service nutzen: Der Internetseite der "taz", die solche Bilder anbot, brach der "Live-Stream" wegen Überlastung zusammen, aber mich würde eigentlich viel mehr interessieren, was das für Menschen sind, die sich so etwas im Internet anschauen? Sind das Gaffer? Erlebnisorientierte Jugendliche? Der Staatsschutz? Oder einfach Menschen mit zu viel Geld? Denn auch die Internetseite der so genannten Piratenpartei bot Filmaufnahmen an. Wer sich die aber ansehen wollte, der musste vorher einen "Pro Account" für 9,99 Dollar buchen. Dieser Account gilt allerdings einen Monat, aber was zeigen die dann morgen? Einmalig hätte das Ganze 1,99 Dollar gekostet - davon könnte man sich fast drei Packungen Nudeln kaufen, vorausgesetzt, sie wären im Angebot.

Die Bilder, die die Piratenpartei angeboten hat, stammen übrigens vom Onlinefernsehkanal justin.tv, der seltsamerweise nichts mit Justin Bieber zu tun hat. Der tritt ja am 2. April in der O2-World auf (Konzertbeginn: halb sieben!), die soll ja in der Nacht zum Donnerstag ein wenig beschädigt worden sein, aber von dem Schaden konnte ich mir noch kein Bild machen.

Und ob Marietta Slomka wirklich schwanger ist oder nur ein etwas unglückliches Oberteil anhatte, das beobachte ich einfach weiter.

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