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Meinung: „Ich oder er“

Der Chef der postfaschistischen Alleanza Nazionale hat die erste veritable Krise der Regierung Berlusconi ausgelöst. Am Wochenende forderte er ultimativ den Kopf des italienischen Wirtschafts- und Finanzministers Giulio Tremonti.

Der Chef der postfaschistischen Alleanza Nazionale hat die erste veritable Krise der Regierung Berlusconi ausgelöst. Am Wochenende forderte er ultimativ den Kopf des italienischen Wirtschafts- und Finanzministers Giulio Tremonti. Nun legt Gianfranco Fini noch einmal nach. Er will nicht, dass Berlusconi selbst für längere Zeit den „Superminister“ spielt – neben dem Amt des Regierungschefs. Der Machtkampf im Konservativen Lager Italiens ist voll entbrannt.

Nicht nur die Postfaschisten wittern Morgenluft, auch die aus der alten Democrazia Cristiana hervorgegangene UDC muckt auf. Schließlich sind die Postfaschisten und die bisher bedeutungslose UDC die einzigen Parteien in Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition, die bei den Europawahlen zulegen konnten und nicht abgewatscht wurden. Dass Berlusconi jetzt im Stile eines Alleinherrschers auch das Wirtschaftsressort übernimmt und als reichster Unternehmer Italiens in noch größere Interessenkonflikte gerät, wollten sie nicht mehr hinnehmen. Prompt hat der Premier gestern klein beigegeben. Er hat verstanden: Seine Koalition ist ernsthaft gefährdet.

Fini hat den Machtkampf gegen Berlusconis wichtigsten Minister gewonnen. Dies und das Gewicht seiner Alleanza Nazionale, der zweitgrößten Partei in der Koalition nach Berlusconis Forza Italia, macht den ausgebildeten Pädagogen und Psychologen zum ernsthaften Konkurrenten des Premiers. Jetzt zahlt sich Finis langjährige Strategie aus. Er ist der Architekt der „Entnazifizierung“ seiner Partei, er hat die ehemalige Ansammlung von Mussolini-Nostalgikern in die bürgerliche Mitte geführt. Und Fini ist es gelungen, neben einem ständig in Fettnäpfchen tretenden Premier und den populistischen Rabauken von der Lega Nord zur eigentlichen verlässlichen Größe der Koalition zu werden.

Einen Umsturz kann Fini noch nicht wagen. Dazu sind er und die anderen Koalitionäre viel zu abhängig von den Medien, die Berlusconi kontrolliert. Sie sind auf wohlwollende Berichterstattung angewiesen. Aber der 52-Jährige positioniert sich jetzt als Führer des rechten Lagers für die Zeit nach Berlusconi. Wenn der Medienzar irgendwann scheitert – an den gegen ihn geführten Prozessen, an der eigenen Koalition oder in zwei Jahren am Wähler – dann dürfte auch seine Forza Italia mit ihm untergehen. Der ist es bisher nicht gelungen, als Partei und Organisation ein Eigenleben zu entwickeln und sich vom großen Vorsitzenden unabhängig zu machen. Fini, der geduldige Stratege, wartet weiter auf seine große Chance.

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