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Meinung: „Ich weiß, dass Portugal gewinnen kann“

Der Favorit gibt sich auch Stunden vor der Präsidentenwahl am Sonntag als bescheidener, ruhiger Repräsentant des Volkes: „Ich weiß, dass Portugal gewinnen kann“, ruft der Sohn eines Tankwarts den Menschen am letzten Wahlkampftag in Lissabon zu. Töne, die den Menschen gefallen.

Der Favorit gibt sich auch Stunden vor der Präsidentenwahl am Sonntag als bescheidener, ruhiger Repräsentant des Volkes: „Ich weiß, dass Portugal gewinnen kann“, ruft der Sohn eines Tankwarts den Menschen am letzten Wahlkampftag in Lissabon zu. Töne, die den Menschen gefallen. Sie wollen jemanden an der Staatsspitze, der nicht seine Person, sondern seine Mission in den Vordergrund stellt.

Eben so einen wie Anibal Cavaco Silva, 66, den konservativen Wirtschaftsprofessor, der sich bereits als Portugals Regierungschef von 1985 bis 1995 den Ruf erwarb, die Nation beleben und wirtschaftliche Wunder vollbringen zu können – ein meist ernst, fast verkniffen wirkender Pragmatiker, dessen Comeback sich nach zehn Jahren Politikpause genauso besonnen darstellt, wie seine damalige Amtszeit.

Cavaco Silva, der von den konservativen Sozialdemokraten unterstützt wird und auch mal Portugals Meister im 400-Meter-Hürdenlauf war, werden in allen Umfragen etwas mehr als 50 Prozent der Stimmen vorausgesagt. Von seinen vier Konkurrenten aus dem linken Lager, darunter auch der prominente Altsozialist und Ex-Präsident Mario Soares, 81, werden hingegen nicht mehr als 20 Prozent zugetraut. Soares, der offizielle Kandidat der sozialistischen Regierung, liegt in den Befragungen sogar noch hinter dem unabhängigen Linkskandidaten. Nur wenn Cavaco Silva weniger als 50 Prozent erzielt und ein zweiter Wahlgang angesetzt wird, könnte das Rennen wieder spannend werden.

Cavaco Silva reckt zum Ende des Wahlkampfes die gespreizten Finger mit dem „Victory“-Zeichen in den Himmel. Und der Professor stellt noch einmal klar, dass er sich als Präsident in die aktuelle Politik einzumischen gedenkt. Vermutlich nicht weniger als sein Vorgänger, der sehr populäre Sozialist Jorge Sampaio, der aber nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten kann. Die dramatische Analyse Cavaco Silvas wird übrigens von vielen Portugiesen, deren Pessimismus derzeit blüht, geteilt: Das Land befinde sich „in der schwierigsten Periode“ seit dem Ende der Salazar-Diktatur im Jahre 1974. Als Präsident würde er zweifellos den sozialistischen Regierungschef Jose Socrates zu weiteren schmerzhaften Reformen drängen. Denn das frühere Armenhaus Portugal, das 1986 in die EU und Ende der 90er Jahre als Musterschüler in den Euro-Klub aufgenommen wurde, ist inzwischen wieder zum großen Sorgenkind der EU geworden.

Ralph Schulze

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