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Meinung: Im deutschen Interesse

Von Hans Monath

Der Streit dreht sich um einige wenige Zeilen in der Hauszeitung eines Ministeriums und wirft doch Fragen auf, die 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und nach langer Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus längst beantwortet schienen: Muss, soll, darf das Auswärtige Amt in seinem Hausblatt auch solchen Mitarbeitern ein ehrendes Angedenken widmen, die Mitglieder der NSDAP waren, bevor sie später am Aufbau eines demokratischen Deutschland mitwirkten? Wiegt ihr Anspruch auf Würdigung ihrer Lebensleistung schwerer als das Interesse der Amtsführung, den Bruch mit der Vergangenheit nach innen und außen deutlich zu markieren – kompromisslos deutlich?

Erstaunlich viele ehemalige Diplomaten und aktive AAAngehörige machen nun ihrer Empörung darüber Luft, dass Außenminister Joschka Fischer aus Furcht vor unentdeckten NS-Helfern unter den Ex-Diplomaten nur noch dürre Lebensdaten statt salbungsvoller Wendungen drucken lassen will. Weniger erstaunlich ist, dass die Diplomaten-Offensive bei der Opposition breite Aufmerksamkeit findet: Fischer steht wegen der Visa-Affäre stark unter Druck, ein Aufstand des eigenen Hauses in der Nachruf-Debatte könnte ihm den Rest geben. Der Politiker steht in der Visa-Affäre als Durchpeitscher grüner Ideologie im eigenen Ressort am Pranger. Die Kritiker versuchen deshalb, Fischers Vorgehen in der Nachruf-Debatte ebenfalls als Ideologie auszulegen – obwohl er im Grunde nur bundesdeutsche Staatsräson umsetzt. Das Ansehen und die Leistung Fischers als Außenminister, etwa die Ausweitung der deutschen Handlungsmöglichkeiten im Nahen Osten, basieren darauf, dass dieser Politiker sensibel wie kein Zweiter die deutsche Vergangenheit selbst zum Thema macht. Eine solche Politik aber kann nur glaubwürdig bleiben, wenn sie sich auch mit Blick auf das eigene Amt streng abgrenzt.

Kein Zweifel: Eine solche harte Unterscheidung schafft in Einzelfällen Ungerechtigkeiten, denn die NSDAP-Zugehörigkeit ist ein rein formales Kriterium. Eine Einzelfallprüfung wäre die bessere Lösung. Solange die aber nicht möglich ist, sollten gerade Diplomaten und Ex-Diplomaten von ihrem eigenen Anspruch auf Würdigung absehen. Ihre Aufgabe ist es jedenfalls nicht, Deutschland zu schaden – auch nicht im Ruhestand.

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