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Meinung: Im falschen Film

Es war wie im 19. Jahrhundert, als die Nationalstaaten noch jung waren und zuweilen handelten wie pubertierende Jünglinge: Einfach hinmarschieren, eine Flagge in den Strand rammen und sagen „Ist jetzt alles meins“.

Es war wie im 19. Jahrhundert, als die Nationalstaaten noch jung waren und zuweilen handelten wie pubertierende Jünglinge: Einfach hinmarschieren, eine Flagge in den Strand rammen und sagen „Ist jetzt alles meins“. Marokko hat sich in die Petersilie gesetzt – und nichts damit erreicht, auch wenn die Medien des Maghrebstaates nun Sieg schreien. Es herrscht wieder der Status quo ante, wie in einem Abkommen zwischen Spanien und Marokko von 1960 besiegelt: Einen klaren Besitzer hat die Insel nicht, aber mit Gewalt darf sie sich niemand nehmen. Natürlich hätte Spanien nicht so martialisch reagieren müssen auf die Mantel-und-Degen-Aktion der Marokkaner. Internationale Politik ist aber kein Abenteuerfilm. Wer Diplomatie durch Gewalt ersetzt, dem müssen Grenzen aufgezeigt werden. Das Problem der spanischen Enklaven ist ein Relikt des Kolonialismus. Man kann die Bürger von Ceuta und Melilla aber heute nicht mehr bloß als Verschiebemasse konkurrierender nationaler Ansprüche behandeln. Sie werden irgendwann selbst entscheiden müssen, wohin sie gehören wollen – zu Spanien oder Marokko. Um möglichen Neubürgern als attraktive Heimat zu erscheinen, muss Marokko mehr tun, als ein paar Tage den Freibeuter zu spielen. clw

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