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Meinung: Im Zweifel für Amerika

WAS DIE DEBATTE UM DÄUBLER-GMELIN ZEIGT

Wächst der Antiamerikanismus in Deutschland, empfindet gar eine Mehrzahl antiamerikanisch? Unter dem Eindruck des zurückliegenden Wahlkampfs wird dieser Verdacht geäußert, in Amerika, auch in Deutschland. Doch da ist Vorsicht angebracht. Gewiss, der Kanzler hat gespürt – und für sich genutzt –, dass eine starke Mehrheit Bushs Politik mit Misstrauen begegnet, vom Klimaprotokoll über den Strafgerichtshof bis zum Irak. Das war bisher der mainstream, die Hauptströmung deutscher Amerika-Befindlichkeit 2002. Unter dieser Oberfläche gibt es aber nach wie vor eine Grunddankbarkeit, vor allem der Westdeutschen, dass Amerika nach 1945 Geburtshelfer einer stabilen deutschen Demokratie mit einem sehr erfolgreichen Wirtschaftsmodell war; und daneben ein Grundvertrauen, dass Amerika, bei aller überzogenen Rethorik, im Zweifel nicht völlig unvernünftig handelt. Diese Gefühle waren zuletzt nur eine Unterströmung, die vom Oberstrom der Vorbehalte verdeckt wurde. Herta Däubler-Gmelins unselige Geschichtsbetrachtung hat dieses Verhältnis umgekehrt. Das lässt sich leicht an den erschreckten Reaktionen des Kanzlers ablesen. Denn das weiß auch er und spüren alle Amerika-Kritiker: Wer den US-Präsidenten in die Nähe von Adolf Hitler rückt, verscherzt sich die Sympathien. Der bringt das lange verdeckte Grundvertrauen in Amerika an die Oberfläche. Man kann darüber streiten, ob Schröder gut beraten war, in seiner Ablehnung des Irak-Kriegs nicht sachliche Argumente in den Vordergrund zu stellen, sondern Emotionen: schießwütiger Texaner, der die Welt in Abenteuer stürzt, ohne die Folgen zu bedenken. Dennoch sollte das Weiße Haus seinen klaren Brief nicht einfach ignorieren. Sonst schwächt Bush die Pro-Amerika-Gefühle, die gerade wieder zum Vorschein kommen. cvm

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