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Ein kleiner Pieks, der kurz schmerzt, doch lebenslang Schutz bietet.

© dpa/picture alliance

Impfflicht: Impfen schafft Sicherheit

Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit. Deshalb muss der Staat eine Impfung durchsetzen, sonst steigt das Erkrankungsrisiko aller ungeimpften Personen. Impfverweigerer dagegen handeln der Gesellschaft gegenüber egoistisch.

Was ist wichtiger, die Freiheit oder die Sicherheit? Darüber streiten deutsche Politiker und Medien im Moment mit den Amerikanern, seit bekannt wurde, in welchem Ausmaß der US-Geheimdienst NSA Telefon- und Internetverbindungsdaten absaugt. In den USA versteht man die deutschen Bedenken nicht – Sicherheit kommt vor Freiheit, heißt es dort. Die Komplettüberwachung habe Terroranschläge verhindert, das müsse Vorrang haben. Viele Menschen bei uns sind auch für Terrorbekämpfung, aber gegen eine Totalobservation. Ihre Freiheit ist ihnen mehr wert.

Auf einem anderen Gebiet, dem der Gesundheitspolitik, wird gerade über eine gegenteilige Bewertung nachgedacht. Die Zahl der Masernerkrankungen in der Region steigt seit Beginn des Jahres. 441 Fälle wurden in Berlin bislang 2013 registriert, wöchentlich kommen 20 neue hinzu. Die Infektionen breiten sich aus, weil viele Menschen nicht geimpft sind. Zum Teil aus Unwissen über die Gefährlichkeit dieser Krankheit, aber oft auch aus Bequemlichkeit (zwei Impfungen sind nötig) und schließlich wohl berechnet, denn natürlich gibt es auch vereinzelt Impfschäden. Die vermeiden manche Eltern im Vertrauen darauf, dass die Zahl der Geimpften so groß und der Herdenschutz damit so wirksam ist, dass ihre ungeimpften Kinder nicht erkranken.

Masern sind alles andere als harmlos

Das ist zwar nachvollziehbar, aber dennoch überaus egoistisch der Gesellschaft gegenüber. Die Zahl der Impfzwischenfälle ist mit eins zu einer Million verschwindend gering. Einige wenige Kinder dürfen aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden. Deren Erkrankungsrisiko steigt durch die Impfverweigerer, schlimmer noch, jedes nicht geimpfte, infizierte Kind kann die Krankheit weiter verbreiten. Masern sind aber alles andere als harmlos. Bis zur Entwicklung eines Impfstoffes vor 50 Jahren starben jährlich weltweit zwei Millionen Kinder daran. Lungen- und Hirnhautentzündungen sind direkte, manchmal auch späte Folgen. Masern könnten ausgerottet sein wie Pocken, gegen die es bis 1976 eine – offensichtlich erfolgreiche - Impfpflicht gab.

Den Nachweis einer zweifachen Masernimpfung deshalb zur Voraussetzung für die Anmeldung im Kindergarten und der Schule zu machen, wäre somit eine zumutbare Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Eltern. Durch eine solche Prophylaxe würde das individuelle und das gesamtgesellschaftliche Risiko einer neuen Masernwelle deutlich reduziert. Ob man das dann Impfpflicht nennt oder nicht, ist zweitrangig. Und wer gar eine durch gezielte Ansteckung erfolgte Infektion für harmloser hält als die Impfung selbst, handelt unverantwortlich.

Eltern, die nun von einer untragbaren Einschränkung ihrer Rechte sprechen, sollten an später denken. Die Kinder von heute können noch in vielen Jahren als Erwachsene auf Reisen irgendwo mit Masern infiziert werden, weil sie von ihrem fehlenden Impfschutz nichts wissen. Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, sondern eine bis ins Alter hoch ansteckende Erkrankung, gegen die bei aller Freiheit mit Sicherheit nur impfen hilft.

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