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Meinung: In der Wagenburg

Die SPD wiegelt in Sachen Tempodrom ab – statt bei der Aufklärung zu helfen

So hätte man es wohl gerne. „Die Kampagne gegen Peter Strieder und die Berliner SPD fällt in sich zusammen“ – teilte die Partei zum Thema Tempodrom mit. Das war am 10. Februar – einen Tag nach der Veröffentlichung des Tagesspiegel über das teilweise Sponsoring der SPD-Wahlparty durch den Tempodrom-Förderer und Ex-Bauunternehmer Roland Specker. Die Tonlage der SPD hat sich seitdem kaum verändert – nur wurden inzwischen immer neue Vorwürfe bekannt.

„Haltlos und bösartig“ seien die Vorwürfe der Grünen, hieß es beispielsweise am gestrigen Donnerstag. Der frühere Koalitionspartner fühlt sich von Strieder im Oktober 2001 getäuscht. Nur wegen Strieders Zusicherung, dass die für das Land Berlin ungünstigen Verträge mit den Betreibern des Zeltbaus geändert werden, habe man einer Finanzhilfe für das Projekt zugestimmt, sagt der ehemalige Justizsenator Wieland. Der Vertrag aber war wenige Tage zuvor bereits unterzeichnet worden und wurde nicht mehr verändert, bemängelte der Rechnungshof später.

Der Berliner SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder, der im Sommer wiedergewählt werden will, steht unter Druck. Die Opposition aus CDU, FDP und Grünen hat einen Untersuchungsausschuss eingerichtet, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue. Entsprechend heftig ist die Gegenwehr. Dem Tagesspiegel liegen inzwischen etliche Gegendarstellungsbegehren zum Thema Tempodrom vor.

Die SPD und ihr Vorsitzender fühlen sich einer Kampagne ausgesetzt. Peter Strieder, der Architekt der rot-roten Koalition, hat seiner Partei eine Wagenburg-Mentalität aufgezwungen. Interview-Anfragen werden mit der Forderung beantwortet, zuvor müssten alle Gegendarstellungen abgedruckt werden. Mit groben Worten und immer neuen Verharmlosungen aber schaden sich die Sozialdemokraten. Selbst die geforderten Gegendarstellungen gehen auf bemerkenswerte Weise an dem vorbei, was der Kern der Affäre ist. Nur von untergeordneter Bedeutung ist, wann und ob Senator Strieder die Parteigremien vom Wahlparty-Sponsoring unterrichtete. Nie bestritten aber wurde von der SPD-Spitze, dass es das Sponsoring gab – wenige Tage, nachdem der Senat im Herbst 2001 dem Tempodrom ein Hilfspaket von 13,5 Millionen Mark bewilligte. Weil man es unproblematisch fand. Erst die Recherche des Tagesspiegel hat diesen Vorgang bekannt gemacht; wie manch anderes, das über zwei Jahre unter dem Deckel gehalten wurde. Jetzt erst überprüft die SPD die Finanzierung des damaligen Wahlkampfes.

Der nach dem Bruch der großen Koalition mit der CDU verkündete Mentalitätswechsel in der Berliner Politik ist für den Parteichef offenbar nur ein Schlagwort. Statt neuer Politik gibt es den altbekannten Berliner Filz, die ungute Mischung aus kleinen Gefallen und Gemauschel. Damit sollte Schluss sein nach der CDU-Spendenaffäre und dem Skandal um die Bankgesellschaft. Wer abwiegelt, statt aufzuklären, verspielt jeden Kredit bei den Berlinern; und der Koalitionspartner PDS darf dabei zusehen.

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