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Meinung: In die Röhre geguckt

Auch der Fall Springer zeigt: Deutschland braucht eine neue Mediengesetzgebung

Das war es dann also. In Deutschland zu expandieren, kann sich der Springer-Konzern abschminken. Allen voran wird Wirtschaftsminister Michael Glos erleichtert sein, dass er in diesem auch für die große Koalition delikaten Fall nun doch nicht entscheiden muss. Die Gefahr, dass sich der „Bild“-Konzern die größte deutsche Fernsehgruppe einverleibt und so seine Meinungs- und Marktmacht hätte missbrauchen können, ist gebannt. Und doch zeigt der Fall, dass eine Reform des Kartellrechts und der Medienaufsicht in Deutschland überfällig ist.

Ein Blick zurück: Vor drei Jahren gab es eine Diskussion, die Regeln der Pressefusionskontrolle zeitgemäß zu gestalten. Strukturelle Probleme, mit denen Zeitungen angesichts des Internets kämpfen, führten zur Einsicht, es müssten auf der verlagswirtschaftlichen Seite größere Einheiten geschaffen werden. Nur so ließe sich die Qualität der Zeitungen dauerhaft sichern. Die Situation wurde akut, als die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck zum Tagesspiegel die „Berliner Zeitung“ dazukaufen wollte. Dies untersagte das Kartellamt. Einen Antrag auf Ministererlaubnis zog Holtzbrinck zurück.

Das Ganze war zum Politikum geworden. Zu aufgeheizt war die Diskussion, der Begriff einer „Lex Holtzbrinck“ machte die Runde. Danach schlief die Debatte um notwendige Reformen des Kartellrechts ein. Nun hat es den Springer-Konzern getroffen. Nach dem doppelten Nein von Kartell- und Medienaufsicht wäre die Übernahme nur mit Unterstützung der Politik möglich gewesen. Eine Genehmigung, unter welchen Auflagen auch immer, wäre als „Lex Springer“ ausgelegt worden. Täglich wurde der Verdacht politischer Kumpanei zwischen Springer und der Union genährt.

Und doch stieß das Nein der Hüter über Meinungs- und Wettbewerbsvielfalt auf Kritik. Unverständnis zeigten jene, die wissen, dass deutsche Medienunternehmen nur dann konkurrenzfähig sind, wenn sie größere Wirtschaftseinheiten bilden und ihre Inhalte aus gedruckten Medien mit dem Fernsehen kombinieren.

Längst entwickelt sich die globale Digitalisierung des Mediengeschäfts, vorangetrieben von weltweiten Konzernen, die über viele Milliarden Euro Kapital verfügen und nach Übernahmekandidaten Ausschau halten. Dieser Entwicklung wird das an deutschen Grenzen endende Kartellrecht nicht gerecht. Vor allem, wenn man bedenkt, dass deutsche Medienunternehmen geradezu gezwungen sind, im Ausland zu expandieren, während um ein Vielfaches größere Konzerne aus dem Ausland ohne Furcht vor Hürden in Deutschland expandieren dürfen.

Es geht nicht darum, Deutschland abschotten zu wollen und Ängste vor ausländischen Investoren zu schüren. Vielmehr geht es um eine wirksame, international konkurrenzfähige Gesetzesgrundlage, die weder den einen bevorteilt noch den anderen benachteiligt. Man kann nur hoffen, dass sich die Medienpolitiker jetzt, da der Fall Springer ad acta gelegt wurde, nicht erleichtert zurücklehnen.

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