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Meinung: Instinktlose Gesellen Von Tissy Bruns

Fehler macht die rotgrüne Koalition wohl bis ans Ende ihrer Tage; immerhin wächst die Geschwindigkeit der Fehlerkorrektur. Der Bundeskanzler sollte froh sein, dass er auf dem Weg zur Einsicht mächtige Kritiker hatte.

Fehler macht die rotgrüne Koalition wohl bis ans Ende ihrer Tage; immerhin wächst die Geschwindigkeit der Fehlerkorrektur. Der Bundeskanzler sollte froh sein, dass er auf dem Weg zur Einsicht mächtige Kritiker hatte. Denn deshalb wird vom Versuch, den 3. Oktober als Feiertag abzuschaffen, nur die Erinnerung an eine seltsame Regierungsposse bleiben. Die mächtigen Kritiker waren: der Bundespräsident mit einer unorthodoxen Brief-Intervention. Die Opposition mit ihrem lauten Protest und ihrer lautlosen Schadenfreude. Sozialdemokraten und Grüne, die sich nicht überzeugen lassen wollten. Und schließlich SPD-Chef Franz Müntefering als einer, der die Notbremse ziehen kann, wenn Kanzler und Minister sich vergaloppieren.

Denn: Was die da oben eigentlich geritten hat, das war die erstaunte Frage, die eine ganze Nation in einer bisher einmaligen Zustimmung zu ihrem nationalen Feiertag zusammengeschweißt hat. Auch Menschen, die ihn nie gewürdigt haben, denen das Nationale fern steht und die den Gedanken richtig finden, dass in Deutschland mehr gearbeitet werden muss. Die fast einhellige Ablehnung war berechtigt, weil dieser Vorgang ein schlimmer Sündenfall war. Der sozialdemokratische Bundeskanzler und seine Minister Eichel und Clement haben mit der beiläufigen Abschaffung des Feiertags den Grundverdacht bestätigt, der die Akzeptanz der Reformen so schwer macht: dass nämlich vor der kalten Macht der Ökonomie alle Werte zurücktreten müssen, die in Deutschland einmal etwas gegolten haben. Zu den Menschen, die Gerhard Schröders Reformen richtig und wichtig finden, zählt der Bundespräsident. Sein Brief soll Schröder geärgert haben; über die Form kann man streiten. In der Sache lässt sich nur sagen: Horst Köhler waltete seines Amtes. Wer von höchster Stelle die Bürger zu schwierigen Veränderungen auffordert, muss dafür einstehen, dass dabei Augenmaß gewahrt wird. Erst recht, wenn es um Werte und Symbole geht, die ein Bundespräsident hüten muss. Der nationale Feiertag gehört zweifellos dazu. Wäre denn ernsthaft vorstellbar, dass ein Bundespräsident zu diesem Thema schweigt?

Der kleine Spuk ist schnell vorübergegangen, eine grundsätzliche Frage an die Sozialdemokraten in der Regierung bleibt. Wie soll Vertrauen in die Reformen entstehen, wenn immer wieder das Gefühl genährt wird, es gehe dabei nicht um höhere Ziele? Schröder, Eichel und Clement haben mit den Feiertagscoup den Eindruck hinterlassen, sie seien Politiker, die sich bloß dem Regiment des Geldes fügen. Der welterfahrene Bundespräsident und der SPD-Chef aus dem Sauerland haben verstanden, wo die Zumutungen Grenzen haben müssen, wenn sie akzeptiert werden sollen.

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