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Meinung: Intifada gegen Arafat

Von Charles A. Landsmann

In der Politik liegen Jubel und Depression manchmal nah beieinander. Das musste in dieser Woche auch Palästinenserführer Jassir Arafat erfahren. Seinen wichtigen Sieg in der UNGeneralversammlung, die Verurteilung der israelischen Sperranlage, konnte er weder auskosten noch ausnützen. Klar ist, dass der UN-Beschluss keine Sanktionen gegen Israel nach sich ziehen wird, dass er die Regierung Scharon aber sehr wohl unter Druck setzt. Doch Arafat kann diese einzigartige Situation nicht ausnützen. Steht er doch selber unter Druck – von innen.

Was sich in dieser Woche im Gazastreifen abspielte, war keineswegs ein anarchischer Vulkanausbruch, sondern ein konzertierter Protest gegen Arafats Alleinherrschaft, die wuchernde Korruption, den Mangel an politischen und wirtschaftlichen Perspektiven. Es waren Arafats eigene Leute aus seiner Fatah-Bewegung, die diese interne Intifada auslösten. Die islamistische Hamas, vor der man befürchtete, sie werde im Gazastreifen um die Macht kämpfen, verhielt sich ruhig, um sich schließlich gar mit Arafat gegen den gemeinsamen Gegenspieler Mohammed Dahlan und den im Gazastreifen zunehmenden ägyptischen Einfluss zu verbünden. Arafats bisherige Taktik bei ähnlichen, wenn auch erheblich moderateren Krisen verfing diesmal nicht: korrupte Amtsträger durch noch korruptere zu ersetzen, die Vetternwirtschaft nicht zu bekämpfen, sondern zuzuspitzen.

Vor allem die Europäer, aber auch die USA müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, mitverantwortlich für die Zustände in den palästinensischen Gebieten zu sein, genauso wie Israel. Zwischen drei und vier Milliarden Dollar hat Arafat seit seiner Rückkehr aus dem Exil an ausländischen Hilfsgeldern und Spenden erhalten. Die Hälfte davon ist auf wenigen Bankkonten verschwunden und niemals zur notleidenden Bevölkerung gelangt – nicht, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Nach anfänglichen gewissenhaften Kontrollen hat sich das Ausland von Arafat austricksen lassen und längst die Übersicht verloren. So unterstützt die internationale Gemeinschaft Arafats Regime mit Unsummen und indirekt wohl auch den nichtislamistischen Terror – und kritisiert gleichzeitig mit vielen Worten Korruption und Terror.

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