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Irak: Bis zum guten Schluss

Die Amerikaner mögen Erfolgsstorys. Im Irak scheint sich eine Trendwende vollzogen zu haben. In Washington wird offen über den Abzug der Truppen gesprochen. Für die kommende US-Präsidentschaftswahl wird jedoch ein anderes Thema entscheidend sein.

Endlich kommen einmal gute Nachrichten aus dem Irak. Die Ölförderung nimmt stark zu und wird dem Land 2008 einen Haushaltsüberschuss von schätzungsweise 79 Milliarden Dollar bescheren. Die Gewalt zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden sowie die Zahl der Anschläge gegen die US-Truppen geht drastisch zurück, auf das Niveau von 2003, vor dem Beginn des flächendeckenden Widerstands. Der Irak hat mittlerweile eine halbe Million frisch ausgebildeter Soldaten und Polizisten. Nach und nach kehren auch Länder, die sich nicht an Präsident Bushs Koalition zum Sturz Saddams beteiligt hatten, mit Diplomaten und Hilfsorganisationen nach Bagdad zurück, um den Aufbau zu unterstützen. Kürzlich war Wirtschaftsminister Glos dort und Iraks Regierungschef Maliki besuchte Berlin, um über die deutsche Beteiligung zu reden. Bald steht die nächste Runde freier Kommunal- und Parlamentswahlen an.

Es sieht so aus, als würde die Hoffnung, die den Einmarsch im Frühjahr 2003 begleitet hatte, mit Verspätung doch noch wahr: Der Irak nutzt den Sturz des Diktators zum Aufbau einer demokratischen Gesellschaft und kann die Modernisierung der Infrastruktur aus seinem Ölreichtum bezahlen. Dazwischen lagen viele Irrungen. Sie kosteten Zehntausende Iraker und mehr als 3000 US-Soldaten das Leben. Und die Steuerzahler hunderte Milliarden Dollar. Diese bittere Zeit ist nun überwunden.

Für die meisten Deutschen ist eine solche Schilderung der Lage neu und womöglich provokativ. Sie widerspricht dem etablierten Bild, dass der Irakkrieg ein Riesenfehler war und Bush ihn unumkehrbar verloren habe. In den USA dagegen bestreitet fast niemand mehr die enormen Fortschritte der jüngsten zwölf Monate. Debattiert wird, welche Faktoren dazu führten und wann man wie viele Soldaten abziehen kann. 2006 gewannen die Demokraten die Kongresswahl noch hauptsächlich wegen des Unmuts der Bürger über die verfahrene Lage im Irak. 2008 ist die Immobilien- und Wirtschaftskrise oberstes Wahlkampfthema.

Der Demokrat Barack Obama muss seine Irakkritik mäßigen und betont kaum noch, dass er von Anfang an gegen den Krieg war. Seine Rückzugspläne begründet er jetzt damit, dass die Truppen in Afghanistan gebraucht werden. Der Republikaner und Vietnamveteran John McCain gilt erst recht als Kriegsheld, weil er 2007 für die damals höchst unpopuläre Truppenverstärkung eintrat – die habe die Wende gebracht. Ihm trauen die Wähler eher zu, Amerikas Irakfeldzug zu einem guten Ende zu bringen.

Die Demokraten widersprechen. Der Frontwechsel der Sunniten in der Anbar- Provinz habe die Besserung eingeleitet, Monate vor Bushs Truppenverstärkung. Die Sunniten hätten nach blutigen Kämpfen eingesehen, dass der Aufstand ihnen schade. Sie entzogen Al Qaida und anderen Widerstandsgruppen die Unterstützung und bekämpfen sie seither.

Beide Lager passen die neuen Erfolgsmeldungen in ihre Strategie ein. Für die Republikaner ist der Irak eine – späte – Erfolgsstory. Für die Demokraten bleibt es eine Abfolge von Fehlern und Geldverschwendung; angesichts des irakischen Budgetüberschusses von 79 Milliarden Dollar sei es ein Skandal, dass die USA noch immer den Aufbau der Infrastruktur bezahlen, donnern sie. Die Wähler hören die Version von Amerikas Erfolg lieber als die von einer Pleite. Wahlentscheidend wird aber eine andere Frage: Wem sie zutrauen, die Lage daheim zum Besseren zu wenden.

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