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Iran: Antiwestliche Paranoia

Nun klagt das Regime auch Ausländer an: Es schert sie offenbar weder, was die eigene Bevölkerung denkt, noch was die Welt denkt

Zweiter Akt im Teheraner Schauprozess: Draußen vor dem 15. Revolutionsgerichtshof skandierten empörte Angehörige „Allah ist groß“, bis die Polizei sie mit Wasserwerfern und Schlagstöcken auseinandertrieb. Drinnen auf der Anklagebank sitzen diesmal andere Gesichter als vor einer Woche – unter anderem eine junge französische Sprachlehrerin zusammen mit einer vor 48 Stunden verhafteten Angestellten der französischen Botschaft sowie ein Mitarbeiter der britischen Botschaft in Teheran. Das Vorgehen der iranischen Justiz allerdings ist gleich geblieben: Keiner der Verteidiger war vorher informiert. Keiner von ihnen weiß, was dieser zweiten Gruppe von Angeklagten genau vorgeworfen wird und auf welche angeblichen Beweise sich die Staatsanwaltschaft stützt.

Am Mittwoch noch hatten London und Paris abgesehen von der EU-Präsidentschaft als einzige Regierungen in Europa ihre Botschafter zur Vereidigung von Mahmud Ahmadinedschad ins halb leere iranische Parlament geschickt. Wenn sie allerdings gehofft hatten, mit dieser Geste diplomatischer Anbiederung eine milde Haltung des Regimes gegen ihre als politische Faustpfänder verhafteten Bürger und Mitarbeiter erreichen zu können, sahen sie sich am Samstag durch die TV-Bilder aus dem Gerichtssaal eines Schlechteren belehrt. Denn die Inszenatoren des Regimes sind offenbar entschlossen, den Schauprozess ohne Wenn und Aber durchzuziehen. Es schert sie nicht, was die eigene Bevölkerung denkt. Und es schert sie nicht, was die Weltöffentlichkeit denkt. Der wegen Spionage zu acht Jahren Haft verurteilten amerikanisch-iranischen Journalistin Roxana Saberi hatte die Sorge des Regimes um sein internationales Ansehen noch kurz vor der Präsidentenwahl die Freiheit beschert. Doch diese Zeiten sind vorbei. Im innenpolitischen Machtkampf im Iran sind alle Schranken gefallen. Und im außenpolitischen Agieren des Regimes hat die antiwestliche Paranoia jetzt freien Lauf.

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