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Israel: Über außen nach innen gespielt

Benjamin Netanjahu und seine Außenminister greifen Europa und die internationale Gemeinschaft an. Sie verfolgen damit vor allem innenpolitische Ziele

Und täglich schimpft der Außenminister. Avigdor Lieberman beschimpft nicht nur die EU, seine europäischen Amtskollegen und deren Regierungschefs. Israels für seine rücksichtslose Härte bekannte Nummer zwei in der rechtsnationalen Regierung unterstellt den Europäern eine Zustimmung zur Vernichtung Israels.

Und täglich provoziert der Regierungschef. Zwar geht Benjamin Netanjahu nicht ganz so weit wie sein Koalitionspartner. Er schießt seine rhetorischen Giftpfeile dafür aber nicht nur gegen die von ihm mit wenigen Ausnahmen verachteten Europäer, sondern gleich gegen die gesamte internationale Gemeinschaft und verkündet immer neue Siedlungsbauvorhaben. Beide führen Wahlkampf und wollen mit aller Macht vermeiden, dass dieser über die gewaltigen gesellschaftlichen Probleme geführt wird, die im vergangenen Jahr die Menschen in Massen auf die Straßen getrieben haben. Denn auf diesem Gebiet haben sie nicht nur versagt: Netanjahus neoliberale Ideologie hat die innenpolitische Lage noch verschärft.

Ihr sicherheits- und siedlungspolitischer Wahlkampf richtet sich gegen die vereinigten religiösen Ultranationalisten unter der neuen Führung eines charismatischen ehemaligen Bürochefs Netanjahus. Denn links von der gemeinsamen Liste „Likud Beitenu“ sind für das Duo Netanjahu-Lieberman keine Stimmen zu holen, wohl aber sind weit rechts Wähler zu verlieren. Um das zu vermeiden, wird kräftig auf die nationalistische Pauke geschlagen, werden Palästinenser und das Ausland kritisiert, werden unentschuldbare rhetorische Attacken geritten und wird Panik verbreitet.

Israel aber droht weder das Schicksal der Tschechoslowakei vor dem Zweiten Weltkrieg noch ein neuer Holocaust. Selbst eine künftige iranische Atombombe stellt nicht notwendigerweise eine Gefahr für die Existenz des jüdischen Staates dar. Und dass europäische Außenminister und gar deren Regierungschefs Israels Vernichtung einfach hinnehmen würden oder gar klammheimlich befürworten, ist nichts anderes als eine gemeine Unterstellung.

Natürlich will diese Regierung weiter Siedlungen ausbauen und neue jüdische Wohnviertel in Ost-Jerusalem errichten. Doch die konkreten Pläne und Ausschreibungen sind erheblich kleiner als die in den wütenden Reaktionen auf die staatliche Anerkennung Palästinas durch die UN-Vollversammlung angekündigten Bauvorhaben.

Auch diesmal ist die Ankündigung vor allem eine Provokation. Selbst höchste Regierungsbeamte geben offen zu, dass die Pläne in absehbarer Zukunft nicht bebaut umgesetzt werden. Es sei denn, die Herren Netanjahu und Lieberman bleiben an der Macht und führen ihren Panik-Wahlkampf weiter – anstatt sich endlich den brennenden sozialen und gesellschaftlichen Problemen Israels zu widmen.

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