zum Hauptinhalt

Meinung: Ist das Morgen rot?

Von Stephan-Andreas Casdorff

Die „neue Gerechtigkeit“ ist schon mal ein Schlagwort, das die SPD jetzt auf ihrer Vorstandsklausur nicht mehr für sich reklamieren kann. Den Begriff hat die CDU schneller besetzt, ganz so, als gäbe der alte Heiner Geißler noch als Generalsekretär den Ton an. Überhaupt reden die Christdemokraten, allen voran die Kanzlerin, als hätten sie über Nacht eine Eingebung gehabt. Von „marktradikalen Verheißungen“, gegen die SPD-Chef Matthias Platzeck kämpfen will, ist bei denen nichts mehr zu hören. Prinzipien sind eben auch nur so stark wie das jüngste Wahlergebnis.

Aber was nun? Die Sozialdemokraten sind in Schwierigkeiten. Sie müssen nicht nur die BND-Affäre aus dem Gestern überstehen, sondern auch noch zeigen, dass sie für das Morgen unverzichtbar sind: als Vordenker des Progressiven, als Wegbereiter einer Moderne, die sozial und ökologisch sein soll. So verlangt es eine deutliche Mehrheit der Bürger, das hat die Bundestagswahl gezeigt, und wer die Landtagswahlen bestehen will, muss sich entsprechend vorbereiten.

Daran gemessen, ist die SPD vom Scheitern bedroht. Warum das so ist? Weil ihr Generalsekretär den Unterschied zwischen CDU und SPD nicht herausarbeitet, ihr Parteivorsitzender Platzeck Willy Brandt nur imitiert, der ein Meister des Ungefähren war, während er eher eine Apologie der Worthülsen vorlegt. „Selbstvergewisserung“, „zeitgemäße Antworten“, „grundlegende Erneuerung der Idee der sozialen Demokratie“ – wer wollte widersprechen? Das ist so zeitlos richtig wie banal. Die Wahrheit aber ist konkret, Genosse, hat Angela Merkel schon Gerhard Schröder zugerufen.

Wie werden Kinder wirklich gefördert? Welches Instrument zur Entlastung von Familien hilft wirklich? Wie kann eine demografische Katastrophe wirklich abgewendet werden? Welche Arbeitsmarktreformen können wirklich zum Erfolg führen? Die soziale Wirklichkeit zu verändern, das wäre progressiv. Und ein Thema zu entdecken, das erstaunlicherweise ausgerechnet der ehemalige Umweltminister Platzeck so gar nicht auf dem Zettel hat: Woher kommt die Energie von morgen? Eine progressive Antwort ist gesellschaftspolitisch, ökologisch und wirtschaftlich von allergrößter Bedeutung.

Aber die SPD hat ja Zeit. Zukunft beginnt immer erst morgen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false