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Meinung: Ist George W. Bush dumm?

VonLetzte Woche wollte Harald Martenstein mir erklären, weshalb die Europäer George W. Bush hassen.

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Letzte Woche wollte Harald Martenstein mir erklären, weshalb die Europäer George W. Bush hassen. Nach dem Lesen seiner Kolumne war ich verwirrter als vorher.

Herr Martenstein ist wie ich der Meinung, dass die Zustände im Irak erschreckend sind. Vor dreieinhalb Jahren haben die USA und deren Alliierte Saddam Husseins blutiges Regime beendet. Darin wurden sie anscheinend von der großen Mehrheit der Iraker unterstützt. Seither treiben Saddam-Anhänger und ausländische Dschihadisten das Land in den Bürgerkrieg. Martenstein behauptet, es seien bereits 600 000 Iraker getötet worden. In Wahrheit weiß niemand so genau, wie viele Menschen im Irak ums Leben gekommen sind. Die Schätzungen schwanken zwischen 50 000 und über einer halben Million. Tragisch, auf jeden Fall.

Harald Martensteins nicht sehr originelle These ist, dass Bush die Schuld daran trägt. Er habe aller Welt eingeredet, dass Saddam im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei. Eine seltsame Behauptung. Dem Journalisten (und Bush-Kritiker) Bob Woodward zufolge fragte Bush George Tenet, den Direktor des CIA, ob er ganz sicher sei, dass Saddam Massenvernichtungswaffen verberge. Tenet, ein demokratisches Überbleibsel der Clinton-Regierung, hatte keinerlei Zweifel. Vielleicht hat Tenet gelogen, aber mit welchem Motiv? Die CIA war gegen den Krieg. Auch Peter Scholl-Latour, den Martenstein zustimmend zitiert, hat geglaubt, Saddam verstecke Massenvernichtungswaffen. Ist auch er auf die Kriegshetze der Amerikaner hereingefallen? Der BND war der gleichen Meinung wie Scholl-Latour. Die arabischen Nachbarn des Irak ebenfalls.

Bush hat schwere Fehler gemacht – beispielsweise die schlechte Nachkriegsplanung und seine Unfähigkeit, sich der Situation anzupassen, als deutlich wurde, dass wir vor Ort weitaus mehr Truppen benötigen.

Doch Harald Martenstein scheint sich über keines dieser Details den Kopf zu zerbrechen. Bush scheint „dumm“ zu sein, da er Scholl-Latour nicht darin zustimmt, dass „nur ein Diktator für Sicherheit im Irak sorgen kann“.

Das ist Scholl-Latours Standardaussage über die arabischen Länder. Ein paar Leute sehen das anders. Aber egal. Anstatt endlose Streitereien über die Vergangenheit zu führen, sollten wir uns lieber fragen, wie wir dem Irak heute helfen können. Was meinen Sie, Herr Martenstein?

Der Autor ist Direktor des Aspen Institute Berlin. Übersetzung aus dem Englischen: Isabel Sarasin.

Jeffrey Gedmin

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