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Jürgen Walter: "Ich halte das für eine Katastrophe“

SPD-Politiker Jürgen Walter hält nichts von der Öffnung seiner Partei zur Linken. Ein Porträt des hessischen Fraktionsvizes.

Titel können täuschen. Der des stellvertretenden Vorsitzenden der hessischen SPD- Landtagsfraktion zum Beispiel. Jürgen Walter, 39 Jahre, Jurist, hat diese Position inne, und im ersten Moment hört sich das nicht nach politischem Schwergewicht an. Auf Bundesebene ist er das auch nicht.

Trotzdem hängt in den kommenden Wochen die Zukunft der hessischen und ein Stück auch der gesamten SPD von ihm ab. Er könnte dafür sorgen, dass Andrea Ypsilanti über ihre eigenen Leute stolpert und mit ihr auch SPD-Chef Kurt Beck, der die Öffnung zur Linken toleriert. Im Moment bilden Walter und Ypsilanti ein ungleiches Paar. Walter machte sich als Parlamentsneuling im Schwarzgeld-Untersuchungsausschuss einen Namen. Das brachte ihm nach der für die SPD verlorenen Landtagswahl 2003 immerhin den Fraktionsvorsitz ein. Die Redeschlachten gegen Koch bestand er und galt deshalb als eine Art „Roland Koch light“.

Andrea Ypsilanti ist das komplette Gegenteil. Als ursozialdemokratisch profilierte sie sich und meldete Ansprüche auf die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl an, genau wie Walter. Die Partei sollte entscheiden, erst in einer Mitgliederbefragung, anschließend auf einem Parteitag. Walter entschied die Mitgliederbefragung für sich. 18 der 26 hessischen SPD-Unterbezirke votierten für ihn, anders ausgedrückt: 3395 hessische SPD-Mitglieder stimmten für Walter, 3207 für Ypsilanti. Das Ergebnis war für den Parteitag im Dezember 2006 nicht bindend. Da setzte sich Ypsilanti mit zehn Stimmen Vorsprung im zweiten Wahlgang durch.

Walter, der gerne joggt, angelt und Auto fährt, gab wie abgesprochen den Fraktionsvorsitz an Ypsilanti ab. Sie versprach die Partei wieder zu einen. Wirklich erfolgreich war dieses Unterfangen bislang nicht. Der Wahlerfolg hat viele Wunden verdeckt, aber nicht geheilt. Beide Lager stehen sich immer noch recht unversöhnlich gegenüber. Misstrauen herrscht vor. Jürgen Walter hat die Öffnung zur Linken bereits als „Katastrophe“ bezeichnet. Gleichzeitig sicherte er Ypsilanti die Unterstützung der Fraktion zu.

Was Walter für Ypsilanti gefährlich macht, ist die Tatsache, dass er kein beleidigter Einzelkämpfer ist, sondern einen nicht unerheblichen Teil der hessischen SPD hinter sich weiß. Nicht die Mehrheit, aber bei nur zwei Stimmen Vorsprung im Falle einer rot-rot-grünen Wahlgemeinschaft, kann auch eine Minderheit entscheidenden Einfluss ausüben – auf die Zukunft Ypsilantis und der SPD. Christian Tretbar

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