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Justiz und linke Gewalt: Im Zweifel gegen Politik

Die Justiz erleidet im Kampf gegen die Auto-Brandstifter eine Niederlage. Auch, weil sie die alte Regel missachtet: Wenn die Polizei hilflos ist, ist es die Justiz erst recht.

Einer der Nachteile von Lehren aus der Vergangenheit ist der Glaube, in der Gegenwart weniger Fehler zu machen. „Politische Justiz“ ist zum Beispiel etwas, von dem die Deutschen überzeugt sind, es könne ihnen so leicht nicht mehr passieren. Man denkt an Roland Freisler oder Prozesse gegen „Kriegsverräter“, an Hilde Benjamin oder Republikfluchtstrafen. Alles überwunden, oder?

Ja und Nein. Ja, weil die Justiz in den vergangenen Jahrzehnten zu einer inneren Unabhängigkeit und äußeren Akzeptanz gefunden hat, wie sie sie in der Bundesrepublik noch nie hatte. Und nein, weil politische Justiz zum Alltag in den Strafgerichten gehört: im Aburteilen politisch aufgeladener Taten.

Da müssen sich Staatsanwälte und Richter im Geflecht aus eigener Position, geltendem Recht und öffentlicher Erwartung jedes Mal neu zurechtfinden; schwierig genug. Die jüngsten Vorgänge am Berliner Kriminalgericht sprechen nun dafür, dass einige die Orientierung verlieren. Verdächtige Autozündler mussten laufengelassen werden, weil die Beweise gegen sie zusehends dünner wurden. Ein rechtsstaatlich gewöhnlicher Vorgang, der in diesem Fall aber Fragen aufwirft: Haben die Ankläger gründlich in alle Richtungen ermittelt? Oder war die Freude so groß, endlich einmal Verdächtige in die Hände zu bekommen, um sie stellvertretend für ihre unerkannten Mit- und Nebentäter vor Gericht zu stellen? Die Auto-Brandstiftung ist ein Dauerärgernis, fast risikofrei für die Täter, gefährlich und mit gravierenden Folgen. Aber die alte Regel gilt: Wenn die Polizei hilflos ist, ist es die Justiz erst recht.

Auch ein anderer Prozess steht auf der Kippe, jener gegen zwei mutmaßliche jugendliche Molotow-Werfer vom 1. Mai. Man wollte Zeichen setzen mit Mordanklage und strikter Untersuchungshaft. So zieht es sich seit Monaten, während sich Zweifel mehren, ob es die Richtigen trifft. Am Ende könnten Freisprüche stehen, es wäre eine Peinlichkeit für die Ermittler und böte der linken Szene neuen Zündstoff. In Moabit sollte man überlegen, ob Staatsanwälte oder – schlimmer noch – Richter sich dazu berufen fühlen sollten, Zeichen zu setzen. „Politische Justiz“ – sie kann auch von innen kommen.

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