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Unser Kolumnist Matthias Kalle.

© Privat

Kalle hat verstanden: Frauen und Humor: Das ist nicht witzig!

Humor, insbesondere der von Frauen, ist ein großes Thema, eigentlich viel zu groß für eine kleine Onlinekolumne, meint Matthias Kalle. Und er weiß, wovon er spricht. Deshalb plädiert er auch dafür, dass Humor Privatsache sein sollte. Aber das ist leichter gesagt, als getan.

Vor Kurzem habe ich einen irren Witz gemacht und das kam so: Eine Kollegin erzählte von ihrem Sohn, von dessen Grundschule, auf der in jedem Schuljahr ein neues Fach hinzukäme, das auf Englisch unterrichtet wird. Mit welchem Fach die denn mit Englisch angefangen hätten, wollte jemand wissen und die Kollegin antwortete: "Im Sportunterricht." Als ich das hörte, sagte ich: "Und was haben die da gelernt? Wie man Elfmeter verschießt?"

Selbstverständlich lache ich nicht über meine eigenen Witze – aber ich erwarte, dass die, die einen Witz von mir hören, lachen. Grinsen, Schmunzeln, Wiehern, Wegschmeißen – kann man alles machen, aber in jener Situation starrten mich vier Augenpaare entsetzt, ja fassungslos, an. Was erzählt der? Hä? Wie? Ach so: Ich war übrigens der einzige Mann in dieser Runde.

Und dann war ich auf einer Lesung, ich gehe sonst eigentlich nicht so gerne auf Lesungen, denn ich kann selber lesen, ich muss mir Bücher nicht vorlesen lassen, ich verstehe den Sinn von Lesungen nicht so ganz, obwohl ich selber eine Lesereihe moderiere (kommen Sie doch gerne mal vorbei, immer am letzten Donnerstag eines Monats findet in der Kantine des Clubs Berghain die zitty-Leserlounge statt, am 30. Juni liest dort übrigens Wolfgang Büscher aus seinem Buch „Hartland“ und das ist sehr gut). Jedenfalls ging ich zu der Lesung hin, weil ich den Autor kannte und das Buch interessant fand. Nach der Lesung kam eine relativ bekannte Autorin zu mir und stellte fest, dass das ja alles wahnsinnig komisch gewesen sei, sie habe sich köstlich amüsiert, sie fand das richtig witzig.

Eine andere Kollegin gab mir einen Text, ich sollte ihn redigieren, bearbeiten, mögliche Schwachstellen verbessern. Als Redigierer bin ich nicht so gut, denn entweder ist ein Text gelungen, dann muss man da nix dran machen – oder ein Text ist Mist, dann muss man den wegschmeißen. In diesem Fall war der Text gelungen bis auf einen kleinen Absatz, in dem es um die Humorfähigkeit der Autorin ging. Letztens habe sie mal sehr gelacht, etwas sehr Komisches sei passiert, so gelacht habe sie das letzte Mal, als sie in die Suchmaske von Youtube "Unfälle" eingetippt habe. Ich habe diesen kleinen Absatz komplett gestrichen.

Frauen und Humor. Das ist nicht witzig – das ist vielmehr ein großes Thema, eigentlich viel zu groß für eine kleine Onlinekolumne. Groß deshalb, weil davon die Liebe, die Zukunft – ach, einfach alles abhängt, und das meine ich im Ernst. Mal in letzter Zeit Kontaktanzeigen angeschaut? Was die Leute da von einem verlangen? Frauen, die einen Mann suchen, holen in Kontaktanzeigen stets zum Doppelschlag aus: Was sollte ein Mann unbedingt besitzen? Geld und Gesundheit? Nein. Schönheit und Zeugungskraft? Nein. Intelligenz und Mitgefühl? Nein.

Frauen verlangen nach zwei Dingen, es sind immer die selben zwei Dinge: Spontaneität und Humor. Das ist alles. Mehr nicht. Will ein Mann das Herz einer Frau erobern, muss er nur was Lustiges aus dem Ärmel schütteln – schon ist es um die Frau geschehen und sie gibt sich dem Stegreifkomiker vollends hin. Dass in der Praxis allerdings der mühsam auswendig gelernte Herrenwitz auf eine Humorferne trifft, macht die Sache nicht leichter, sondern schwieriger. Erzählt die Frau hingegen mal einen Witz, lacht der Mann und denkt gleichzeitig: "Oh Gott, wenigstens wird sie wohl ein reines Herz haben."

Über die Reinheit des Herzens der Frau, die auf der Bühne Cindy aus Marzahn darstellt, kann ich nichts sagen, will ich auch nichts sagen, aber eine Gabe muss selbst sie haben – Humor jedenfalls kann es nicht sein. Diese Gabe fehlt ohnehin jeder Frau, die tatsächlich von der Komik leben muss – oder kennt irgendjemand eine lustige Frau im deutschen Fernsehen (Tina Fey zählt nicht, die ist US-Amerikanerin, da ist Humor und Unterhaltung ein hartes Geschäft – und dass Feys Vater deutscher Abstammung ist, darf an dieser Stelle nicht ins Gewicht fallen)?

Am 15. Mai hätte Max Frisch seinen 100. Geburtstag gefeiert – Frisch liebte und begehrte die Frauen, aber er verstand sie nicht. Er machte sie unglücklich, aber sie blieben bei ihm, und man kann sich nicht recht vorstellen, dass in den Beziehungen, die Max Frisch führte, viel gelacht wurde.

Eine der Fragen, die Max Frisch in seinem legendären Tagebuch stellt, lautet: "Haben Sie Humor, wenn sie alleine sind?" Vielleicht sollte Humor Privatsache sein. Etwas, das man hat oder nicht, und das – wie das Gehalt - niemanden etwas angeht.

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