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Baschar al Assad, Präsident von Syrien.

© dpa

Kampf gegen "Islamischen Staat": Gegen den IS - gemeinsam mit Assad?

Mit dem Kampf gegen die Terrormilizen des "Islamischen Staats" stellt sich der Westen indirekt an die Seite von Syriens Präsident Assad. Aber wie kann man das Böse bekämpfen, ohne dem Bösen zu helfen? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Es war eine böse Botschaft, die Iraks Premierminister Haidar al Abadi am Rande der UN-Vollversammlung in die Welt setzte. Der Politiker, der sein von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) und von religiösen Gegensätzen gebeuteltes Land endlich wieder einen soll, sprach von einer geheimen Botschaft der US-Regierung an Syriens Präsident Baschar al Assad. Die Weltmacht soll dem Diktator durch irakische Emissäre versichert haben, dass sich ihre Luftschläge nicht gegen sein Regime richten.

Ob diese Behauptung wahr ist, wissen nur die Beteiligten. Die Episode wirft jedenfalls ein grelles Licht auf ein politisches und auch moralisches Paradoxon im Kampf gegen den IS: Die Terrormiliz hat sich zum mächtigsten Gegner Assads hochgekämpft. Wer sie angreift, läuft Gefahr, zum Komplizen des Diktators zu werden, auch wenn er das nicht will.

Offiziell hält die US-Regierung weiter Abstand zu dem Mann, den sie für den Krieg mit 200.000 Toten verantwortlich macht. Es wäre völkerrechtlich der einfachste Weg gewesen, die Regierung in Damaskus um Zustimmung zu den Luftangriffen auf syrischem Territorium zu bitten. Sie sind schließlich in ihrem Sinn.

Amerika hat diesen Weg ausgeschlagen und sucht Begründungen, die nicht jeden überzeugen. Die EU-Staaten Großbritannien, Dänemark, Belgien und die Niederlande beteiligen sich an den Luftangriffen deshalb nicht auf syrischem, sondern nur auf irakischem Territorium.

Der IS bringt die Fronten durcheinander

Für den Westen hat Assad eigentlich jede Legitimität verloren, die Geschicke seines Landes zu bestimmen. Weder Washington noch Berlin wollen, dass er wegen der neuen Bedrohung wieder Anerkennung gewinnt und wie ein geschätzter Partner behandelt werden muss.

Aber es wird schwer werden, im Kampf gegen den IS den Aufstieg des Parias zu verhindern. Und er ist nicht der einzige Akteur der Region, der im Ringen mit den sunnitischen Terroristen in Syrien und im Irak die Chance sieht, die eigene Machtstellung zu verbessern.

So stellte Irans Präsident Hassan Rohani vor der UN-Vollversammlung eine interessante Verbindung her: Eine Einigung im Atomstreit und ein Ende der Sanktionen gegen sein Land würden den Weg frei machen für ein gemeinsames Ringen um Frieden und Stabilität in der Region, sagte er. Gegenüber CNN meinte er, der Vormarsch des IS erfordere eine „gemeinsame Anstrengung von uns allen“ – es klang wie eine Bewerbungsrede.

In Israel werden solche Töne mit tiefem Misstrauen verfolgt, denn der Iran stützt nicht nur Assad, sondern auch die Hisbollah und die Hamas. Die deutsche Außenpolitik dagegen ist überzeugt, dass es politische Stabilität in der Region ohne Einbindung des Iran nicht geben kann. Was die Atomverhandlungen angeht, hat die US-Regierung klargemacht, dass sie die Frage der Anreicherung von Uran im Iran nicht verbinden will mit der Frage, welchen Beitrag Teheran im Kampf gegen den IS leistet.

Luftangriffe bringen taktische Vorteile, reichen aber nicht aus, um die IS-Kämpfer aufzureiben, die sich auch in Großstädten verschanzen. Dazu braucht es nicht nur die irakische Armee und die Peschmerga, sondern auch Kämpfer in Syrien. Tausende von ihnen wollen die USA nun ausbilden. Nur eines wird sich dadurch nicht ändern: Die Frage, wie man das Böse bekämpft, ohne dem Bösen zu helfen, ist auf dem Boden nicht leichter zu beantworten als in der Luft.

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