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Meinung: „Kanzleramt, Nr. 007“

Pressesprecher gibt es vielerlei. Die Schweiger zum Beispiel, die Schwätzer, die Brauchbaren, die Guten.

Von Robert Birnbaum

Pressesprecher gibt es vielerlei. Die Schweiger zum Beispiel, die Schwätzer, die Brauchbaren, die Guten. Und es gibt ein paar außergewöhnliche. Eva Christiansen gehört in diese Kategorie der professionellen Politikverkäufer. Deshalb war nach dem Regierungswechsel 2005 jeder überzeugt, dass Kanzlerin Angela Merkel ihre Vertraute zur Regierungssprecherin machen würde. Aber Christiansen, im Wahlkampf schon hochschwanger, verabschiedete sich in die Babypause ins heimatliche Köln. Jetzt kommt die 37-Jährige zurück, als Medienberaterin in Teilzeit im Kanzleramt.

Was das für ein Job werden soll, wissen wahrscheinlich die Beteiligten selbst noch nicht genau. Jedenfalls aber sitzt Christiansen wieder an einer Stelle, die ihr maximale Wirksamkeit verspricht: im Hintergrund – doch immer dicht an der Chefin. Die Nähe hat sich in den Jahren, in denen Christiansen Merkels Aufstieg begleitet hat, für beide als Vorteil erwiesen. Merkel wusste dadurch immer, was man in der Presseszene so redete und dachte; umgekehrt bekam, wer mit Christiansen sprach, stets ein recht gutes Bild davon, wie Merkel gerade redete und dachte.

Die Symbiose ging aber nie so weit, wie das von Merkel-Gegnern geprägte Wort vom „Girl’s Camp“ in der CDU-Zentrale nahelegte. Christiansen ist ein eigenständiger politischer Kopf, was einen guten Teil ihrer Glaubwürdigkeit ausmacht. Der andere Teil stammt aus der Zeit der CDU-Spendenaffäre und lässt sich in eine simple, aber oft nur schwer zu befolgende Sprecher-Regel zusammenfassen: Du musst einem Journalisten nicht alles sagen, was du weißt – aber du darfst ihn nie belügen.

Dass der Halbzeitjob im Kanzleramt bloß eine Durchgangsstation ist, bei der am Ende doch Deutschlands erste Regierungssprecherin herauskommt, ist eine naheliegende Spekulation. Sie wird aber von allen Seiten dementiert, nicht nur von Amtsinhaber Ulrich Wilhelm. Eine andere Frage ist, ob sich nicht die Medienberaterin Christiansen über kurz oder lang zur Konkurrenz für den amtlichen Sprecherapparat entwickelt. Beispiele dafür gibt es; unter Helmut Kohl etwa musste, wer wirklich etwas wissen wollte, dessen Adlatus Eduard Ackermann im Kanzleramt anrufen. Vielleicht also doch kein Zufall, dass Christiansen als Gast beim Dresdner CDU-Parteitag einen Saalausweis trug, auf dem nicht nur vorausschauend „Bundeskanzleramt“ stand, sondern auch eine symbolträchtige Nummer: „007“.

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