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Meinung: Kardinals-Karrieren: Strategische Kritik

Selten war Johannes Paul II. so klar wie bei seiner Ansprache zum Jahresende an seine Kardinäle: Heiligkeit und Vorbildhaftigkeit müsse das Innerste der römischen Kirchenleitung ausstrahlen, den Einsatz des ganzen Priesters im Dienste der Menschen und Gottes - sie dürfe nicht zur Pflanzstätte von Karrieren und Aufstiegswünschen verkommen.

Selten war Johannes Paul II. so klar wie bei seiner Ansprache zum Jahresende an seine Kardinäle: Heiligkeit und Vorbildhaftigkeit müsse das Innerste der römischen Kirchenleitung ausstrahlen, den Einsatz des ganzen Priesters im Dienste der Menschen und Gottes - sie dürfe nicht zur Pflanzstätte von Karrieren und Aufstiegswünschen verkommen. Dieser Rüffel war nun wirklich überfällig. Mancher fromme Betbruder übernimmt Aufträge durch den Vatikan überhaupt nur noch, wenn ihm gleichzeitig ein Karrieresprung zugesichert wird. Der noch bis unter Pius XII. gepflegte Nepotismus ist, vielleicht auch aufgrund kleiner werdender Familien, durch ein immer dichter werdendes System von Seilschaften ähnlich wie in großen Parteien und Verwaltungen gewichen, in dem die einzelnen Purpur tragenden Clanchefs ihre Günstlinge überall dort platzieren, wo sich Macht, Einfluss und ganz schnöde viel Geld herausholen lässt. Ganz uneigennützig ist freilich auch der Tadel von Johannes Paul II. nicht: Er sieht für die nächste Papstwahl die Gefahr, dass im Gewirr der Seilschaften seine in 20 Jahren entwickelte Politik zugrunde gehen könnte. Ob dieser Ruf allerdings eine weitgehend verselbstständigte, verbürokratisierte Führungsstruktur noch aufbrechen kann, scheint unwahrscheinlich.

rai

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