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Meinung: Kein Endlager, nirgends

Trittin will sich beim atomaren Müll nicht festlegen – das ist schlau, aber nicht klug

Diese Entscheidung muss tragfähig sein. Jahrtausende lang. Da wird ein wenig Nachdenken doch erlaubt sein, oder? Dass die lange und kostenträchtige Suche nach einem Atommüll-Endlager nun wieder bei Null beginnen soll, gibt aber doch zu denken. Umweltminister Trittin hatte die Kommission „AKEnd“ wohl ohnehin nicht einberufen, um eine schnelle Entscheidung herbeizuführen, sondern um das Protestgeschrei gering zu halten. Ein Etappenziel hat der Minister also schon erreicht: die Kommission – in der auch die Kämpfer von einst vertreten sind – hält grundsätzlich mehrere Endlagerstandorte in Deutschland für tauglich.

Lange galt den Experten der Salzstock Gorleben als besonders geeignet, hier wurden schon umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Ausgerechnet Gorleben kommt, so Umweltminister Trittin, auf Grundlage des neuen Gutachtens aber kaum noch in Frage. Denn in ihm findet sich ein neues, höchst interessantes Auswahlkriterium: die „gesellschaftliche Akzeptanz“. Die wiederum ist – natürlich – in Gorleben besonders gering.

Denn der Ort ist für Befürworter und Gegner der Atomkraft emotional aufgeladen. Der Widerstand in Gorleben stand für ein allgemeines „Nein“ gegen eine gefährliche Energiepolitik – alle Jahre wieder beim Einzug der Castortransporte in das jetzige Zwischenlager erneuern die Atomkraftgegner das Ritual ihrer Proteste. Der Umweltminister, der dort selbst lange demonstrierte, weiß, was er sich mit Gorleben einhandeln würde: ein intaktes Widerstandsnetz, hartnäckige Proteste und intelligente Blockadeformen, an denen schon seine Vorgänger zu verzweifeln drohten. Trittin handelt schlau, aber vielleicht nicht klug. Denn eine Studie belegt, dass die meisten Deutschen keinesfalls ein atomares Endlager in ihrer näheren Umgebung haben wollen. Gorleben ist also überall. Auf der Suche nach einem Standort mit Akzeptanz müsste man wohl ins hintere Sibirien ausweichen. Die Bundesregierung hat sich mit dem Atomausstieg aber verpflichtet den Atommüll im Land zu lassen, mit gutem Grund: Hier sind die sicherheitstechnischen Vorkehrungen besonders gut, die politische Stabilität besonders groß.

Wäre es da nicht besser, die Entscheidung konsequent umzusetzen, statt vor sich herzuschieben? Ein Endlager sollte nicht dort entstehen, wo der Widerstand am geringsten ist, sondern da, wo die Sicherheit am größten ist – vielleicht also doch in Gorleben?

Simone von Stosch

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