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Meinung: Kindergeld: Doch kein Geld für Kinder

Das ging schnell. Keine drei Wochen ist es her, da überboten sich die Protagonisten gegenseitig mit Vorschlägen zur Kindergelderhöhung - alles unter dem Eindruck des Verfassungsgerichtsurteils zur Pflegeversicherung.

Von Andreas Austilat

Das ging schnell. Keine drei Wochen ist es her, da überboten sich die Protagonisten gegenseitig mit Vorschlägen zur Kindergelderhöhung - alles unter dem Eindruck des Verfassungsgerichtsurteils zur Pflegeversicherung. Nun also sind wir zurück in der Karawanserei - und da wird gefeilscht. 30 Mark mehr, die niedrigste angepeilte Marke der rot-grünen Bundesregierung, erscheint ausgerechnet den SPD-regierten Bundesländern als nicht finanzierbar.

Natürlich, es geht jetzt ums Kleingedruckte, darum, wer die Last zu schultern hat, Bund oder Länder. Aber muss die Debatte darum gleich einen hässlichen Beigeschmack bekommen? Hässlich vor allem, weil die Erhöhung des Kindergeldes gerade ärmeren Familien zugute käme - den Familien, die nicht vom steuerlichen Kinderfreibetrag profitieren. Jene Familien also, die am ehesten das Armutsrisiko tragen, das ihnen der Armutsbericht der Bundesregierung mit einer Träne im Knopfloch bescheinigt hat.

Die Debatte wird nicht dadurch besser, dass Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel die anvisierte Kindergelderhöhung in Lehrerstellen umrechnet. Denn, so die logische Schlussfolgerung der Gabrielschen Mathematik, das sei genau die Summe, die für Ganztagsschulen fehle. Sollen also die Familien dieses Projekt durch Kindergeldverzicht finanzieren? Wer so argumentiert, befeuert die Neiddiskussion zwischen Eltern und Kinderlosen, die zwar bislang nur schleppend in Gang kommt, sich aber mit ein bisschen niedersächsischer Sturheit bestimmt noch anfachen lässt.

Vor allem aber zeigt die Debatte eines: Die Formel "Familienpolitik hat allerhöchste Priorität" ist eine Leerformel. Für Familien gilt doppelt, was sogar weit besser organisierten Lobbygruppen widerfährt. Sie geraten zwischen die Front von Bund und Ländern - in Zeiten knapper Kassen werden bei jeder Ausgabe die Zuständigkeiten neu diskutiert. Und sie müssen Mehrheiten für ihre Forderungen gewinnen. Ein zunehmend schwerer werdendes Unterfangen: Allein in Berlin sind in vier von fünf Haushalten schon keine Kinder mehr zu finden. Das Wählerpotenzial Familie schmilzt.

Da bleibt den Eltern nur der juristische Beistand. Das Bundesverfassungsgericht hat der Politik die Neuordnung des Familienlastenausgleichs aufgegeben. Ohne Erhöhung des Kindergeldes wird es nicht gehen.

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