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Kinderlosigkeit: Alles Hedonistinnen

Eine neue Front im Demografiekonflikt verläuft mitten durchs heimische Doppelbett: Männer wünschen sich häufiger Kinder als Frauen. Als Verbündeter bleibt der kinderlosen Frau nur einer - ihr Chef.

Bisher war den Gegnern beizukommen: Mit deutschen Sozialpolitikern mussten kinderlose Frauen es aufnehmen, mit all jenen, die in leeren Rentenkassen kramen. Zwar schien manchmal die Anklage hart (Hedonistin! Rentenschmarotzerin!). Doch die Nicht-Mütter konnten dagegenstellen: ihre Entscheidungsfreiheit, ihr privates Glück.

Nun aber droht eine weitere Front im Demografiekonflikt, und sie verläuft mitten durchs heimische Doppelbett. „Die Männer stehen der Familienplanung positiver gegenüber als die Frauen“, vermelden die Zeitschriften „Eltern“ und „Eltern family“ gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa. 70 Prozent der kinderlosen Männer zwischen 25 und 45 wünschen sich demnach Nachwuchs – aber nur 61 Prozent der Frauen. Neun Prozentpunkte verschenkten Kinderwunsches, was ließe sich daraus an Rentenbeiträgen generieren. Wenn nur die Frauen willig wären.

Dabei lief die Diskussion doch eigentlich andersherum. Von einem Zeugungsstreik sprach im Jahr 2005 die Autorin Meike Dinklage und eröffnete damit eine neue Runde im Schwarze-Peter-Spiel rund um die Geburtenrate in Deutschland. 1,36 Kinder pro Frau, das ist einer der niedrigsten Werte Europas.

Manche Gründe dafür sind altbekannt, und Forsa hat sie nun bestätigt. Strampeln bis Mitte Dreißig für einen unbefristeten Arbeitsvertrag und ein nennenswertes Gehalt – und dann ab in die Kinderwunschpraxis, denn die Eizellen wollen nicht mehr springen. Auch so sehen deutsche Kinderwunschbiografien aus.

Die Forscher haben aber auch herausgefunden: Nur ein Drittel der Frauen mit Kinderwunsch wartet noch auf den passenden Papi – aber die Hälfte der potenziellen Väter hat noch nicht die richtige Frau gefunden. Außerdem: Nur gut die Hälfte der Frauen ohne Kinderwunsch würde sich unter Umständen umstimmen lassen, aber drei Viertel der Männer. Zwar ist nicht überliefert, ob sich diese drei Viertel im Fall der Fälle gleichberechtigt einbringen würden (Stichworte: Elternzeit, Teilzeit, Hausputz-Zeit). Aber immerhin: Die Einstellung stimmt.

Als Verbündeter bleibt der kinderlosen Frau nur einer: ihr Chef (oder, selbstverständlich, ihre Chefin). Denn Chef/Chefin freut sich, wenn andere Frauen die Rentenzahler von morgen großziehen, während die Arbeitskraft von heute sich ganz dem Wohl des Betriebs widmen kann. Der eigene Vorgesetzte als letzter Freund auf dieser Welt – ihr habt es nicht leicht, ihr Hedonistinnen, ihr Rentenschmarotzerinnen.

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