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Gemeinsames Lesen in der Kita.

© dpa / picture-alliance

Kita und Karriere: Kuscheln ohne Termindruck

Andrea Nahles hat einen Vorschlag zur Verlängerung der Elternzeit gemacht. Eine 30-Stunden-Arbeitswoche für die ersten zwei bis drei Jahre nach der Elternzeit wäre für viele junge Eltern tatsächlich hilfreich. Entscheidend ist nur die Frage wie.

Von Antje Sirleschtov

Die Sache mit dem „Hamburger Modell“ muss man sich natürlich wegdenken. Kinder sind schließlich keine Krankheit und Elternschaft keine Rekonvaleszenz. Weshalb der Vorschlag von Andrea Nahles, Eltern nach dem „Hamburger Modell“ wie Gesundende schrittweise wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren, natürlich Blödsinn ist.

Die Idee der SPD-Generalsekretärin an sich ist es indes wert, genauer betrachtet zu werden. Was macht Elternschaft eigentlich aus? Sind es die ersten Monate im Leben des Kindes, über die der Staat jungen Leuten mit dem Elterngeld hinweghilft und dann heißt es: Ab in die Kita von morgens um neun bis abends um sechs? Andrea Nahles weiß aus eigenem Erleben mit ihrer kleinen Tochter, dass Karriere und Kindererziehung mehr bedeuten als Top-Organisation des Alltags. Was auf der Strecke bleibt, ist die Nähe. Zeit und Gelegenheit für Eltern und Kinder, den Raum für ein Familienleben zu schaffen. Spielen und Einkaufen nach der Arbeit verbinden zu können. Einfach mal Kuscheln ohne Termindruck.

Eine 30-Stunden-Arbeitswoche für die ersten zwei bis drei Jahre nach der Elternzeit wäre vielen jungen Eltern eine wirkliche Hilfe. Müttern genauso wie Vätern. Der Einstieg in das Berufsleben wäre nicht bis zum Schuleintritt verhindert, die Kinder könnten in Kitas frühzeitig soziale Kontakte knüpfen und dennoch bliebe nachmittags oder an einem freien Tag in der Woche genug Zeit für das Zusammensein. Und wenn der Staat, also die Steuern zahlende Gemeinschaft der Profiteure gesund heranwachsender Kinder, diese Zeit auch noch finanziell überbrücken würde, dann wäre vielen jungen Paaren gewiss geholfen. Übrigens auch den Arbeitgebern, die mit zufriedenen Teilzeit-Eltern mehr anfangen können als mit dauergestressten Vollzeitkräften.

Bei Lichte besehen ist Nahles’ 30-Stunden-Woche mit Verdienstausgleich eine Verlängerung der Elternzeit. Und zwar eine sinnvolle, denn es geht um ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Vereinbarung von Familie und Beruf. Und damit ein passgenaueres Angebot für die Eltern von kleinen Kindern, als es das starre Nebeneinander von Kitabesuch oder Betreuungsgeld je sein könnte. Mütter und Väter sind diejenigen, die am besten wissen, wie viel Karriere und wie viel Kita sie und ihr Nachwuchs vertragen. Sie verdienen nicht, dafür wahlweise zu karrieregeilen Rabeneltern oder Herdprämien-Heimchen abgestempelt zu werden.

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