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Meinung: Klartext für Diktatoren

Mugabes Wahl-Farce wird Simbabwe nicht helfen – jetzt hoffen viele auf Wolfowitz

Seit seiner Unabhängigkeit vor 25 Jahren hat Simbabwe einen selbst im afrikanischen Vergleich beispiellosen Niedergang erlebt: Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich unter Robert Mugabe mehr als halbiert, die Lebenserwartung ist auf nur 33 Jahre geschrumpft. Seine zwölf Millionen Einwohner sind nicht nur verarmt, sondern leiden unter Hunger und politischer Willkür. Rund drei Millionen Simbabwer, fast alle Anhänger der Opposition, sind seit der Jahrtausendwende aus Mugabes Schreckensreich geflohen.

Auch ohne zuverlässige Meinungsumfragen gilt es als sicher, dass sich die Simbabwer lieber heute als morgen jener Machtclique entledigen würden, die Afrikas frühere Kornkammer in ein Notstandsgebiet verwandelt hat. Ebenso sicher ist jedoch, dass dies auch bei der heutigen Parlamentswahl nicht gelingen wird. Durch Wahlen, sagt Bulawayos mutiger Erzbischof Pius Ncube, werde Mugabe seine Macht nie verlieren. Er müsse entweder friedlich gestürzt werden – oder er werde im Amt sterben.

Bis heute ist die Selbstzerstörung des Landes von seinen Nachbarn aus falsch verstandener, schwarzer Solidarität geduldet worden. Unterstützung erhält Simbabwe zuvorderst vom regierenden ANC in Südafrika, der mit Mugabes Zanu-PF die gleiche politische Geisteshaltung teilt: Beide waren Widerstandsbewegungen, die gegen ein weißes Minderheitsregime kämpften. Als „Befreier“ glauben sie nun ein Anrecht darauf zu haben, ihre Länder auf Dauer zu regieren. Gleichzeitig zeigt der Schulterschluss aber auch, wie tief die vom Kolonialismus genährten antiweißen Ressentiments in Afrika noch immer sitzen.

Gegen den Terror des Regimes hat die weitgehend zerstörte Zivilgesellschaft in Simbabwe nur dann eine Chance, wenn Mugabe endlich mehr Druck spürt – vor allem von innen, aber auch von außen. Aus Afrika ist damit zurzeit kaum zu rechnen. Obwohl der eigentliche Druck aus dem eigenen Land oder Kontinent kommen müsste, könnte eine stärkeres Engagement des Westens, wie es sich jetzt abzeichnet, neue Chancen für einen Wechsel eröffnen.

Gerade erst hat der britische Premier Tony Blair einen Afrikaplan vorgestellt, der dem Kontinent mehr Hilfe und Schuldabschreibungen verspricht, wenn seine Regierungen endlich mit mehr Nachdruck gegen Korruption, Misswirtschaft und Diktatur vorgehen. Simbabwe dürfte zur Nagelprobe dafür werden, ob der Plan Afrika wirklich neue Impulse verleiht. Auch der Amtsantritt von US-Außenministerin Condoleezza Rice bietet eine solche Chance. Erst zu Monatsbeginn geißelte sie Simbabwe als einen „Vorposten der Tyrannei“ – und wurde dafür von Mugabe als schwarze Sklavin verhöhnt, die willenlos ihrem weißen Herrn dient.

Zu einem Wendepunkt könnte für Afrika aber auch die Ernennung von Paul Wolfowitz zum neuen Weltbank-Chef werden. Obwohl der US-Falke in Europa oft auf seine Rolle als treibende Kraft hinter dem Irakkrieg reduziert wird, ist Wolfowitz dafür bekannt, mit Diktatoren Klartext zu reden. Auch auf den Philippinen und in Indonesien hat Wolfowitz im Verlauf seiner dortigen Tätigkeit frühzeitig Reformen angemahnt.

Anders als etwa der Irak hat Simbabwe kein Öl und stellt auch keine Bedrohung amerikanischer Sicherheitsinteressen dar. Und niemand redet ernsthaft einem Militäreinsatz der Amerikaner das Wort . Dennoch scheint es Wolfowitz um das Prinzip einer freien, offenen Gesellschaft zu gehen, unabhängig von ihrer Bedeutung für die USA. Mugabe hat seinerseits vorexerziert, wie eng Rassismus, Machtgier, Demokratieverlust und Unterentwicklung verwoben sind. Unter Wolfowitz wird die Weltbank aktiver versuchen, das Abrutschen Simbabwes in einen „failed state“ zu verhindern. Der Druck auf Mugabe dürfte also steigen – auch wenn er die manipulierte Parlamentswahl erneut gewinnen wird. Auf den Langzeit-Diktator im südlichen Afrika kommen härtere Zeiten zu.

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