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Meinung: Klein-Deutschland in Hannover

Niedersachsens SPD und CDU machen Wahlkampf – beide gegen den Bund

In Niedersachsen setzt die Opposition derzeit auf das Modell Österreich. CDU-Spitzenkandidat Christian Wulff will seinen Landtagswahlkampf gegen die Bundesregierung führen nach dem Motto: „Keine Schröderschen Verhältnisse bei uns“. Und auch Ministerpräsident Sigmar Gabriel nutzt jede Gelegenheit, um auf Distanz zu seinem Parteigenossen, dem Kanzler, zu gehen.

Dabei hat das Land genug hausgemachte Probleme. Seit über zwölf Jahren regiert die SPD, und Niedersachsen steht im Bundesvergleich nicht gut da. Der Wirtschaft geht es schlecht, in der Arbeitsmarktstatistik rangiert das Land auf einem der letzten Plätze unter den westdeutschen Flächenländern.

Gabriel verspricht, die Probleme entschlossen anzupacken. Besonders die Bildungspolitik hat er sich auf die Fahnen geschrieben. Seit zwei Jahren verspricht der Ministerpräsident neue Lehrerstellen und Reformen. Tatsächlich wurden hunderte neue Lehrer eingestellt – doch in vielen Gemeinden wird immer noch geklagt, viel zu oft würden Stunden ausfallen, werde notwendiger Unterricht nicht erteilt. Gabriel will die Schulreform mit der Wiederbelebung der Vermögensteuer verknüpfen. „Ein Prozent Vermögensteuer für 100 Prozent Unterrichtsversorgung', lautet seine Botschaft. Doch die Vermögensteuer liegt noch in weiter Ferne. Recht ungeordnet wirkt auch das Schulsystem in Niedersachsen. Bisher müssen die Grundschüler nach Klasse vier in eine neue Schulform, die Orientierungsstufe, wechseln, nach Klasse sechs dann in Gymnasium, Real- oder Hauptschule. Auch das neue Modell einer Förderstufe ist noch unausgegoren, halbherzig und praxisfern.

Das größte Problem des Landes allerdings sind die Finanzen. Über 20 Milliarden Euro gibt Niedersachsen jedes Jahr aus, die Summe der alten Schulden beträgt das Doppelte – 42 Milliarden waren es im Jahr 2000. Niedersachsen gehört zu den am stärksten verschuldeten Bundesländern. Eigentlich wollte Gabriel die neuen Schulden jährlich senken. 1,35 Milliarden Euro weniger sollten es 2002 sein, 50 Millionen dann 2003. Doch die bundesweiten Steuereinbrüche einerseits und fehlende Sparpolitik des Landes andererseits machen diesen Plan zunichte.

Die Finanzkrise ist aber auch eine Folge der ausbleibenden Verwaltungsreform. Nötig wäre unter anderem eine Neuordnung der Landkreise. Wenn man statt 38 künftig nur zwölf Landkreise hätte, könnte man eine Menge Personal im Landesdienst abbauen. Gabriel ist das Thema nicht fremd, doch richtig angepackt hat er es nicht. Ihm fehlt der Mut zu Strukturreformen, darin gleicht er dem Kanzler.

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