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Kolumne: Ich habe verstanden

Matthias Kalle über die Nationalmannschaft, die FDP und das sinnvolle Nutzen des Brückentags.

Es ist das Risiko des Kolumnisten, dass er, während er schreibt, nicht weiß, ob der Leser das auch lesen will, lesen mag, lesen kann - und das Wetter und der Brückentag verschlimmern die Situation des Kolumnisten um ein Vielfaches: wer, so fragt er sich, ist da draußen überhaupt noch empfänglich?

Vieles gab es in dieser Woche, was ich nicht verstand, der Auftritt der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Malta gehört dazu, vor allem verstand ich nicht, warum einem Abwehrspieler von Malta ein Eigentor gelang, wie es doch eigentlich der deutsche Stürmer Stefan Kießling schießen sollte - der dann aber gar nicht traf. Ich verstand auch nicht die FDP, genauer gesagt: ich habe die FDP noch nie verstanden, aber dass sich die Partei in Nordrhein-Westfalen schlichtweg weigert, Gespräche über eine Ampel-Koalition zu führen. Allerdings scheint sich nicht die Partei als Ganzes zu weigern, sondern nur die Fraktion im Düsseldorfer Landtag, während die Landespartei eventuell dann doch... Aber vielleicht wäre heute, Freitag, Brückentag, eine gute Gelegenheit, um mal in sich zu gehen und über die Dinge des Lebens nachzudenken.

Brückentag also, der einzige in diesem Jahr, und dann auch noch dieses Wetter, mitten im Mai. Was machen die Menschen an so einem Tag, an einem Tag, so selten und kostbar? Vielleicht haben manche auch das Spiel der deutschen Mannschaft gesehen, vielleicht sitzen sie deshalb vor ihren privaten Taktiktafeln und versuchen Lösungen zu finden, Lösungen für Südafrika, die WM, Lösungen gegen ein Desaster. Vielleicht aber auch denken manche darüber nach, in eine Partei einzutreten, um mit gesundem Menschenverstand daran mitzuarbeiten, dass dieses Land langfristig nicht unregierbar wird, weil andere nicht so können oder nicht so wollen, wie es der Gemeinheit dienlich wäre. Wozu wäre so ein Tag denn sonst nutze?

Andere Möglichkeiten, wie aus einem Brückentag ein Verständnistag werden könnte: Stendhals Buch "Über die Liebe" lesen und sich dabei Notizen machen; allen Mitarbeitern von BSR und BVG zulächeln; auf die Überweisung für die GEZ-Gebühr bei Verwendungszweck schreiben: "Danke für den Versuch"; bei www.transfermarkt.de nach neuen Spielern und einem Trainer für Hertha suchen; oder man könnte mal in einem Darkroom nachschauen, ob es da wirklich so duster ist.

Man könnte aber auch einfach den Brückentag Brückentag sein lassen und arbeiten. Wir Kolumnisten, wir haben ja schließlich auch nie frei.

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