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Moritz Schuller

© Doris Spiekermann-Klaas

Auf den Punkt: Die Tränen der Hillary C.

Moritz Schuller über eine geschlagene Präsidentschaftskandidatin

Ihr Leben lang ist sie gegen einen Mann angetreten, der charmant, offen und verführerisch ist. Es war ihr eigener. Neben ihm erschien Hillary Clinton in all den Jahren dieser politischen Ehe fast zwangsläufig steif, klar und kalt. Gerade das sollte nun nach den Bush-Jahren ihr großes Versprechen an die Amerikaner sein, Erfahrung und Vernunft. Doch stattdessen trifft sie in den demokratischen Vorwahlen wieder auf einen Mann, der charmant, offen und verführerisch ist - und der sie wieder öffentlich demütigt. Wenn Barack Obama heute die demokratischen Vorwahlen in ihrem Kerngebiet New Hampshire gewinnt, ist Hillary eine geschlagene Kandidatin. Und eine tragische Figur. 

Die Tränen, die Hillary Clinton gestern bei einer Wahlkampfveranstaltung vergossen hat, sind andere als die, die sie weinte, als Bill ihr auf der Bettkante sitzend seine Affäre mit einer Praktikantin beichtete. Möglicherweise haben sie aber dieselbe Wirkung: Damals schluckte sie ihren Stolz hinunter und begann die Verteidigung zu organisieren und die politischen Gegenangriffe zu orchestrieren. Mit Erfolg. Ohne sie hätte Bill Clinton diese Krise nicht überstanden, sie hat damals seine Präsidentschaft gerettet. Hillary Clinton war immer am besten, wenn Bill Clinton mit dem Rücken zur Wand stand. Nun muss sie zeigen, dass auch sie am besten ist, wenn es kritisch wird, wenn sie aufholen und Menschen verführen muss. Sie muss zeigen, dass sie gegen Männer wie Bill und Obama gewinnen kann.

Vielleicht steckt hinter ihren jüngsten Tränen aber auch ihre Erkenntnis, dass sie dazu nicht in der Lage ist.

Ein Kommentar von Moritz Schuller

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