zum Hauptinhalt

Meinung: „Kompromisse gibt es nicht für jede Frage“

Es gibt im politischen Leben Ämter, für die sich ihr Inhaber wenig kaufen kann. Der „stellvertretende Parteivorsitzende“ ist eine dieser ziemlich zeremoniellen Würden.

Von Robert Birnbaum

Es gibt im politischen Leben Ämter, für die sich ihr Inhaber wenig kaufen kann. Der „stellvertretende Parteivorsitzende“ ist eine dieser ziemlich zeremoniellen Würden. Dem unbekannten Provinzpolitiker mag der Titel noch zum einen oder anderen Talkshow-Auftritt verhelfen – das war der Grund, weshalb Christoph Böhr 2002 zu einem der vier Stellvertreter Angela Merkels aufgerückt wurde. Ein profilierter Profi aber trägt die Amtsbezeichnung wie der General den siebenundzwanzigsten Orden. Darum hat es bisher durchaus glaubhaft geklungen, wenn Roland Koch die Frage nach seinen Ambitionen stets mit dem Hinweis abgewimmelt hat, er sei Ministerpräsident von Hessen und auch ansonsten Manns genug.

Beim CDU-Parteitag in Dresden Ende des Jahres wird Koch nun doch kandidieren. Wie der Sinneswandel zustande kam? Zum einen, ganz praktisch, wird der Job frei, weil Böhr zum dritten Mal in Rheinland-Pfalz gescheitert war und den Posten räumt. Zum anderen, ganz persönlich, haben Koch und Merkel ihr Verhältnis bereinigt. Die CDU-Chefin hat den starken Mann von Wiesbaden lange als gefährlichsten Widersacher gesehen; dass aus der unscharfen Angie vor drei Jahren plötzlich die Reform-Angela wurde, hat viel mit dem Versuch zu tun, diesen Konkurrenten abzuhängen. Umgekehrt war Kochs Verachtung für den Vizeposten Teil dieses Konflikts: So war der Hesse symbolisch weniger in Parteidisziplin eingebunden.

Das alles änderte sich grundlegend in der Wahlnacht des 18. September 2005. Die Kanzlerkandidatin Merkel saß, vom Wähler fast geschlagen, von Gerhard Schröder mit Hohn überschüttet, mit ein paar Kampfgefährten im Adenauerhaus. Koch war dabei. Er wurde zu Merkels wichtigstem Verbündeten im Kampf um die Macht und zu ihrem zentralen, weil für die Finanzen zuständigen Unterhändler im Koalitionspoker.

Dahinter steckt nüchternes Kalkül. Koch hatte erkannt, dass nach dem Wahldebakel an Merkels Kanzlerschaft kein Weg vorbeiging – eine Frage der Ehre für die CDU. Diese Loyalität zur Partei macht Koch zu seiner Sache. Klar, dass Merkel ihm das Parteiamt anbieten musste, selbst wenn ihr vielleicht Dieter Althaus aus Thüringen lieber gewesen wäre. Denn ein Parteivize könnte ja eines Tages auf die Idee kommen, dass er auch als Parteichef eine gute Figur machen würde – zur Entlastung einer viel beschäftigten Kanzlerin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false