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Konjunktur: Der Streber schwächelt

Es wäre auch zu schön gewesen. Bis zu vier Prozent Wachstum hatten Ökonomen der deutschen Wirtschaft für dieses Jahr vorhergesagt – obwohl die Aufschwungeuphorie im Rest der Welt längst verebbt ist.

Es wäre auch zu schön gewesen. Bis zu vier Prozent Wachstum hatten Ökonomen der deutschen Wirtschaft für dieses Jahr vorhergesagt – obwohl die Aufschwungeuphorie im Rest der Welt längst verebbt ist. Die meisten Nachbarn in Europa kamen kaum vom Fleck, Amerika kämpft gegen eine Rezession, China gegen Inflation und Spekulationsblasen. Dass die deutsche Wirtschaft weiter wächst, während sich bei den wichtigsten Handelspartnern die Probleme türmen, wäre einem Wunder gleichgekommen. Nun müssen die Forscher neu rechnen, wieder einmal. Das neue deutsche Wirtschaftswunder ist vorbei – allerdings ist das zu erwartende Plus von zwei bis drei Prozent noch immer aller Ehren wert. Obendrein ist es nicht schlecht, wenn die Bundesrepublik vom Thron des europäischen Wachstumskönigs gestoßen wird. Zum einen können die Deutschen nicht mehr als Streber des Kontinents den übrigen EU-Mitgliedern mit Sparappellen auf den Wecker fallen. Zum anderen müssen die Schuldenländer erkennen, dass sie sich nicht unbegrenzt auf die finanzstarken Staaten verlassen können. Auch die Deutschen sind gegen Einbrüche nicht immun, obwohl Mittelstand und Großkonzerne über einen weltweit gefragten Produktmix verfügen, obwohl die Löhne jahrelang hinter der Produktivität zurückgeblieben sind. Berlin taugt nicht zum Zahlmeister des Kontinents.

Ohnehin droht die Schuldenkrise zu einer schweren Hypothek zu werden. Das Schlimmste wäre, wenn sich die Realwirtschaft von der Hysterie der Finanzmärkte anstecken ließe. Die Konsumenten haben größere Anschaffungen bereits zurückgestellt, sollten nun auch die Unternehmen ihre Investitionspläne schreddern, wäre die Abwärtsspirale da. Die Konjunktur erlahmte und mit ihr die Steuereinnahmen, die Haushalte in absehbarer Zeit ins Lot zu bringen wäre unmöglich, auch die Europäische Zentralbank könnte die entstehenden Defizite nicht mehr mit der Gelddruckmaschine finanzieren, wie sie es jetzt tut. Es hilft alles nichts: Sparen, sparen und nochmal sparen ist der einzige Ausweg. Auf Wirtschafts- oder andere Wunder ist eben kein Verlass.

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